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Archiv-Artikel

Berlin drängt weiter

Unruhe und Misstrauen bei Springer in Hamburg: Hat der Vorstand noch mehr Streich- und Umzugspläne?

Von HPI

Als der Springer-Vorstand am Mittwoch vergangener Woche vor die Betriebsversammlung in Hamburg trat, sollte Klarheit geschaffen werden: wann die Bild-Gruppe nach Berlin zieht und wer mitziehen muss. Doch auch wenn es seitdem offizielle Termine und Zahlen gibt – statt Oktober 2007 soll es nun März 2008 werden und von kolportierten 700 sollen „nur“ 500 MitarbeiterInnen von der Verlagerung betroffen sein – Ruhe mag in Hamburg nicht einkehren.

Das liegt zum einen daran, dass die Beschäftigten vor Ort auch den offiziellen Zahlen misstrauen. Spätestens seitdem sie aus der Zeitung erfahren durften, dass es ihr dringender Wunsch sei, nach Berlin zu ziehen, geben sie auf die Worte des Vorstands gar nichts mehr. Über 200 MitarbeiterInnen bleiben vom Umzug verschont? Tatsächlich will man nun statt 645 nur 517 Beschäftigte verlagern. Dass davon nicht die Bild-Hamburg-Redaktion betroffen ist, darf als Selbstverständlichkeit gelten.

Die Sport-Bild darf durch Intervention des Vorstands in Hamburg bleiben? Tatsächlich war ihre Verlagerung nie geplant. Immerhin ist der Umzug um ein knappes halbes Jahr verschoben, um den MitarbeiterInnen die Umstellung zu erleichtern? Tatsächlich bereitet allein der Umzug des Finanz- und Rechnungswesens so große Probleme, dass er von Juli auf offiziell Ende September verschoben wurde. Intern gilt sogar eher Ende des Jahres als realistischer Termin – denn wo im Berliner Verlagsgebäude bislang Platz für die Hamburger Abteilung gemacht werden sollte, soll nun für die Bild-RedakteurInnen reserviert werden. Und auf begeisterte Hauptstadt-KollegInnen können die Neuzugänge aus Hamburg auch nicht hoffen: Wegen der Verlagerung muss anscheinend auch im Berliner Verlagshaus umgezogen werden.

Doch auch in anderen Springer-Ecken in Hamburg knirscht es. Beim Lokal-Marktführer Abendblatt halten sich hartnäckig Gerüchte, nachdem auch hier Streichungen bevorstehen. Auslöser ist die Übernahme des Betriebssystems CCI, mit dem auch die Welt/Berliner-Morgenpost-Zentralredaktion in Berlin arbeitet. Nach der Zusammenlegung der Berliner Zeitungen fürchtet man nun in Hamburg, dass langfristig der gesamte Mantelteil aus der Hauptstadt geliefert werden könnte. Dann würde in der Hansestadt nur noch eine Lokalredaktion für Inhalte von vor Ort sorgen.

„Es gibt keinerlei Pläne, einen Mantelteil aus Berlin für das Abendblatt herzustellen“, sagte Springer-Sprecher Tobias Fröhlich gestern zur taz. Auch die standardisierte Übernahme von Artikeln aus Berlin sei nicht geplant: „Die Abendblatt-Redaktion kann bei Bedarf für einzelne Texte auf das Korrespondenten-Netzwerk der Welt zurück greifen. Mehr wird aus Berlin nicht beigesteuert“, so Fröhlich weiter. Als Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner am 7. Mai vor der Belegschaft in Hamburg auftrat, sprach er aber bereits von „einzelnen Artikeln“, die übernommen werden sollten.

Außerdem gilt der überraschende Abtritt des ehrgeizigen Verlagsgeschäftsführers der Regionalzeitungsgruppe Hamburg, Florian Kranefuß, als Indiz dafür, dass im Norden langfristig nicht mehr viel zu entscheiden sein wird. HPI