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Archiv-Artikel

Bonns Bärbel im Pech

Von der Haupt- zur Schuldenstadt: Bonns SPD-OB Bärbel Dieckmann kämpft mit einem plötzlichen Haushaltsloch

Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann erlebt momentan so etwas wie einen negativen Lottogewinn. Während andere Städte und Gemeinden derzeit sprudelnde Steuereinnahmen feiern, steht die Sozialdemokratin in der Ex-Bundeshauptstadt vor einem plötzlichen Millionen-Loch. „Die Stadt Bonn muss einem großen Unternehmen Gewerbesteuern in Höhe von 300 Millionen Euro zurückzahlen“, teilte die Kommune in dieser Woche lapidar mit. Die Rückzahlung habe „steuerrechtliche Gründe“. Den Namen des Unternehmens nannte die Stadt nicht. Es soll sich dabei um den kriselnden Telekom-Konzern handeln, der wegen sinkender Gewinne nun Steuern zurückfordern kann.

„Eine schlechte Nachricht, die aus heiterem Himmel kam“, kommentierte OB Dieckmann. Allzu plötzlich überfiel die Armut ihre Stadt gleichwohl nicht. Die Gewerbesteuer-Einnahmen pendeln seit Jahren wie der Rhein-Pegel. Im Rathaus muss jetzt ein harter Konsolidierungskurs gefahren werden – ein strukturelles Defizit von bis zu 80 Millionen Euro wird sich aber wohl nicht vermeiden lassen. Und Dieckmann? Sie will „alles tun, die Stadt weiterhin positiv zu entwickeln“. Es ist einer dieser formelhaft optimistischen Sprüche, die sie in schwierigen Situationen oft benutzt.

Seit 1994 steht die Ehefrau des Ex-SPD-Landeschefs Jochen Dieckmann an der Spitze der 315.000-Einwohner-Stadt. Diese Ära verkauft die 58-jährige Lokalpolitikerin gerne als Erfolgsgeschichte. Trotz des Verlusts der Hauptstadt-Privilegien sei Bonn unter ihrer Ägide zu einem florierendem Zentrum geworden. UNO-Konferenzen finden in Bonn statt – und Beethoven ist ja auch noch irgendwie da.

Bislang gilt als sicher, dass Bärbel Dieckmann bei der nächsten Kommunalwahl 2009 noch einmal antritt. Dabei hatte die gelernte Lehrerin zu Beginn dieses Monats bereits eine andere Negativnachricht verkraften müssen: Beim Umbau der SPD-Bundesführung wurde die NRW-Parteilinke ausgebootet. Statt fünf wird es ab Herbst nur noch drei Stellvertreter von Parteichef Kurt Beck geben – Dieckmann muss ihren Vizeposten abgeben. Als Bundespolitikerin war Dieckmann unauffällig geblieben. Formal war sie für die SPD-Familienpolitik zuständig – doch die Schlagzeilen beherrschte naturgemäß die CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen. Bald kann sich Dieckmann wieder voll auf Bonn konzentrieren.

MARTIN TEIGELER