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Archiv-Artikel

Tote leben länger

Totenkulte sind Machtansprüche. Das gilt für weltliche Herrscher ebenso wie für künstlerische. Mit Ritualen am Grab verstorbener Heroen stellen sich Lebende in die Tradition der Toten – durch Gebete, die Niederlegung von Kränzen oder Blumen, von kleinen Zetteln, die man den verehrten Verblichenen schreibt.

Totenkulte sollen jetzt auch das Jahr der Geisteswissenschaften beleben. Am Samstag liest die Schauspielerin Sophie Rois um 15 Uhr auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, der intellektuellsten Totenstätte Berlins, am Grab von Anna Seghers deren Erzählung „Der Ausflug der toten Mädchen“. Darauf beschwört der Schauspieler Samuel Finzi Heiner Müller an seinem Grab mit dessen Erzählung „Germania Tod in Berlin“.

Wem Berlin noch nicht morbid genug ist, der kann den Veranstaltern an weitere Gräber folgen: Am 9. Juni zum „Tod Gottes“ in die Fürstengruft Weimar, anlässlich dessen Goethes „Faust“ sowie Nietzsches „Die fröhliche Wissenschaft“ verlesen wird, oder am 28. Juni in die Friedhofskapelle des Bergfriedhofs Heidelberg zu Gedichten von Hilde Domin und Ovids Metamorphosen. Weitere Plätze unter: www.peter-weiss-stiftung.de.

„Märchen und Tod“: 2. Juni, 15 + 15.30 Uhr Lesung Dorotheenstädtischer Friedhof, 16.30 Uhr Podiumsdiskussion Literaturforum, Chausseestr. 126