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Archiv-Artikel

Links schlägt rechts und andersrum

GEWALT Nach mehreren Angriffen auf NPD-Politiker in Berlin verüben mutmaßlich Rechtsextreme Brandanschläge auf fünf alternative Hausprojekte. Der Innensenator geht von Racheakten aus

AUS BERLIN KONRAD LITSCHKO

In Berlin spitzt sich die Gewalt zwischen Autonomen und Neonazis zu. Nach einer Serie von Prügelangriffen auf NPD-Politiker in den vergangenen Tagen verübten mutmaßlich Rechtsextreme in der Nacht zu Montag Brandanschläge auf fünf alternative Hausprojekte.

Den Auftakt bildete ein Angriff auf einen Neuköllner NPD-Bezirksparlamentarier am vergangenen Mittwoch. Fünf Vermummte schlugen den 46-Jährigen in der Nähe seiner Wohnung vom Fahrrad, fügten ihm mit Schlagstöcken Platzwunden und Prellungen zu – und entkamen unerkannt. Nach gleichem Muster wurden drei Tage später auch der Berliner NPD-Chef Uwe Meenen und ein 25-Jähriger Neuköllner NPD-Kandidat verprügelt.

Weitere, weniger schwere Zwischenfälle am Freitag und am Sonntag trafen einen NPD-Wahlhelfer und einen Rechtspopulisten von Pro Deutschland.

Die NPD sprach in der Folge von „Mordversuchen“. Berlin-Chef Meenen kündigte an, bei der OSZE Beobachter zur Berliner Abgeordnetenhauswahl im September anzufordern, eine freie Wahl sei nicht mehr gegeben. NPD-Bundeschef Udo Voigt forderte die „Bildung von Schutzmannschaften“.

Am frühen Montagmorgen erfolgte nun offenbar die Retourkutsche: Im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg zündeten Unbekannte mit Papier die Haustüren zweier alternativer Wohnprojekte an. Mieter löschten das Feuer. In Berlin-Neukölln wurde eine Einrichtung des sozialistischen Jugendvereins Die Falken angezündet. Es entstanden schwere Brandspuren, Mitarbeiter sprachen von „hohem Sachschaden“. Im benachbarten Kreuzberg brannten zwei Autos vor dem selbstverwalteten Tommy Weisbecker Haus, in einem linken Kleidungsgeschäft wurde versucht, die Jalousien anzuzünden. In einer Rundmail hatte das Neonazi-Netzwerk „Nationaler Widerstand Berlin“ (NW) einen Aufruf versandt: „Brecht den Terror der Roten!“ Verwiesen wird auch auf eine Liste mit linken Berliner Lokalitäten, die das Netzwerk erstellt hat – mehrere davon gehören zu den nun von Anschlägen betroffenen Orten.

Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) geht bei den Brandanschlägen von „Racheakten“ der rechten Szene aus. Durch mehr Präsenz will die Polizei weitere Zwischenfälle verhindern.