: Am Anfang war Verfall
PANKOW Das Sanierungsgebiet Wollankstraße ist Geschichte – eine Erfolgsgeschichte, wie Politiker durch die Bank finden. Eine Ausstellung im Rathaus Pankow zeichnet sie nach
BÜRGERMEISTER MATTHIAS KÖHNE (SPD)
VON UWE RADA
So viel Einigkeit ist selten: „Die Sanierung in Pankow ist ein außerordentlicher Erfolg.“ Sagt Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD). „Die Bilanz fällt unstrittig positiv aus.“ Freut sich Baustadtrat Michail Nelken (Linke). „Ich gratuliere Ihnen“. Meint Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Mit Sekt und Muffins wird anschließend die Eröffnung der Ausstellung gefeiert, die den Pankower Erfolg dokumentieren soll.
Die Schau „Sanierungsgebiet Pankow-Wollankstraße“, die seit Montag im Rathaus Pankow zu sehen ist, ist eine Rückschau. Im Jahr 1994 wurde das Zentrum von Alt-Pankow, vom S-Bahnhof Wollankstraße bis zum S-Bahnhof Pankow, zum Sanierungsgebiet erklärt – gleichzeitig mit den Sanierungsgebieten Teutoburger Platz, Helmholtzplatz, Winsstraße, Bötzowstraße und Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg. Die Probleme waren durchaus ähnlich: Die meisten Altbauten waren dem Verfall preisgegeben, der Anteil an Kohleheizungen in den Wohnungen war hoch.
Hinzu kamen die industriellen Hinterlassenschaften, die eine neue Nutzung brauchten. In Pankow waren das die Alte Mälzerei in der Mühlenstraße, die Elektrokeramische Fabrik an der Florastraße und die Zigarettenfabrik Garbaty an der Berliner Straße. „Am Anfang dachte ich, es muss alles ganz schnell gehen“, erinnert sich Pankows Sanierungsbeauftragte Susanne Jahn. „Aber Stadtentwicklung verläuft in Dekaden.“ Nach fast zwei Jahrzehnten ist das Großvorhaben nun abgeschlossen. Anfang dieses Jahres wurde das Sanierungsgebiet Wollankstraße, wie auch die meisten Sanierungsgebiete in Prenzlauer Berg, förmlich aufgehoben.
Der Erfolg, den die Politik bei der Eröffnung der Ausstellung beschwor, lässt sich auch in Zahlen messen. So hat es in Pankow keine bemerkenswerte Verdrängung der Altbevölkerung gegeben, auch der Anteil der Senioren ist weiterhin hoch. „Hier ist keine homogene Bevölkerung wie in Prenzlauer Berg entstanden“, meint Bürgermeister Köhne.
Begehrte Quartiere
Allerdings spricht Baustadtrat Nelken von einer Dynamik, die auch den Ortsteil Pankow erfasst habe. Tatsächlich hat die Einwohnerzahl im Sanierungsgebiet in den vergangenen 17 Jahren um 28 Prozent zugenommen. Vor allem die Altbauquartiere rund um die Florastraße und die Kavalierstraße sind inzwischen begehrt. Und die Wohnungen in den Neubauprojekten, so ein Projektentwickler am Rande der Ausstellungseröffnung, die gingen weg wie warme Semmeln. „Wir müssen den Erfolg nachhaltig sichern“, warnte Michail Nelken deshalb und forderte die Stadtentwicklungssenatorin auf, weitergehende Maßnahmen gegen Umwandlung in Eigentumswohnungen zu erlassen.
Mittlerweile sind auch die drei Industrieflächen in Arbeit. Die Alte Mälzerei ist zu einem schicken Wohnquartier geworden, auch in der Garbaty-Fabrik und der Elektrokeramischen Fabrik sollen Wohnungen entstehen. Eines aber hat auch die Sanierung nicht geschafft: aus Alt-Pankow einen ansprechenden Einzelhandelsstandort zu machen. Die Breite und die Berliner Straße dümpeln weiter vor sich hin – und gegenüber dem Rathaus-Center steht noch immer die Ruine der ehemaligen Kaufhalle. Manchmal dauert Stadtentwicklung eben noch länger als eine oder zwei Dekaden.