piwik no script img

Archiv-Artikel

Mein Freund der Ast

KINDERFILM In „Mein Freund Knerten“ von Åsleik Engmark werden die frühen 60er Jahre mit den Augen eines kleinen norwegischen Jungen gesehen. Bei all den großen und kleinen Abenteuern weicht dabei sein ganz besonderer Freund nicht von seiner Seite.

Der liebevoll inszenierte Kinderfilm ist gefüllt mit magischen Momenten. Aus der Perspektive des Kindes erzählt, hat er dessen neugierigen Blick

VON WILFRIED HIPPEN

Ein Zweig wird zum Freund des kleinen Lillebror, genannt Junior, der mit seinen Eltern und dem großen Bruder aufs Land zieht und dort zuerst niemanden hat, mit dem er spielen kann. So wird halt Knerten zu einer sprechenden, im Film liebevoll computeranimierten Holzfigur in Form eines Astes, mit der der kleine Held seine Ängste und Hoffnungen teilen sowie Abenteuer bestehen kann.

Dieser angenehm langsam und liebevoll inszenierte Kinderfilm ist gefüllt mit kleinen magischen Momenten. So beginnen etwa die Frauen des Dorfes plötzlich auf der sommerlichen Straße zu tanzen, oder Junior überlässt einer durchreisenden schicken Dame eine von den bunten Strumpfhosen, die sein Vater vergeblich zu verkaufen versucht und löst so eine Modewelle aus, die der Familie das dringend benötigte Einkommen bringt. Der Film zeigt das im Grunde eher unspektakuläre Leben von Junior, seiner Familie und einigen skurrilen Figuren in der Nachbarschaft.

Dabei erzählt er immer konsequent aus der Perspektive des Kindes und bekommt so dessen frischen, immer neugierigen Blick. Wenn Junior im Wald spielt, wird aus einer Wurzel ein wildes Biest und ein auf einem Pferd vorbei reitendes Mädchen ist in seinen Augen eine geheimnisvolle Prinzessin. Vor einem bärbeißigen Schreiner schreckt Junior zuerst zurück, aber dann schließt er doch Freundschaft mit ihm. Es sind kleine Konflikte und Ängste, die Junior zu überwinden lernt, doch nichts in seiner Welt ist banal, denn alles geschieht für ihn zum ersten Mal.

Der zärtliche Blick von Asleik Engmark auf diese kleine Idylle ist auch deswegen so bezaubernd, weil der Regisseur hier liebevoll die frühen sechziger Jahre (in denen das Kinderbuch, auf dem der Film basiert, entstanden ist) wieder auferstehen lässt. Details wie die bunten Strumpfhosen im Sortiment des Vaters oder der Esel aus Holz, aus dessen Hinterteil eine Zigarette herauskommt, lassen diese bunte und optimistische Welt wieder lebendig werden. Kindgerecht wird auch von den Eheproblemen und Geldsorgen der Eltern erzählt, von dem Verhältnis zum größeren Bruder und dem fremden Mädchen, vor dem Junior und sein Freund Knerten zuerst zurückschrecken.

All das ist klug beobachtet und liebevoll in Szene gesetzt. Zum Schluss tanzt dann auch noch eine sehr exotische und doch freundliche Dame aus Spanien. Kann es eine noch schönere Kindheit geben?