: „Geschichte ist ein unendlicher Fluss“
Das „Maritime Museum“, das die Sammlung Peter Tamms bergen soll, ist fast fertig saniert. Entgegen allen Beteuerungen sollen zwei der neun Etagen Militaria zeigen. Ein Rundgang mit dem Architekten Manfred Schulz
Wer ein differenziertes Geschichtsbild sucht, geht leer aus. Das ist kein Makel des Architekten Manfred Schulz, der das umstrittene „Internationale Maritime Museum“ des Ex-Springer-Vorstands Peter Tamm gestaltet. Misstrauisch bleibt man aber schon, wenn dessen Leute von „historischen Notwendigkeiten“ reden. Schließlich soll hier ein didaktisch tragfähiges Museum entstehen.
Bedenken, die auch ein Gang mit Schulz durch den fast fertig sanierten Kaispeicher B nicht ausräumt. Auf neun Böden sollen Exponate des Sammlers gezeigt werden. Dass der ein Faible für Militaria hat, ist auch dem Senat bekannt, der Tamm 30 Millionen Euro und das repräsentative Gebäude in der Hafencity gab.
Konzepte zur Gestaltung gibt es bislang nicht. Ein wenig Konkretes bringt das Gespräch mit dem Architekten, der im Bonner Haus der Geschichte die Schau „Bilder, die lügen“ gestaltete. Die Präsentation im Museum Tamm, das 2008 eröffnet werden soll, beginnt auf dem ersten Boden: „Entdeckern und Navigation“ wird er gelten, „Schiffen unter Segeln“ der zweite. Etage drei präsentiert Schiffsbau. „Wir wollen zeigen und erklären“, sagt Schulz. „Überinszenierungen“ werde es nicht geben. Wertungen wohl auch nicht: Die Erfindungen werden schlicht als „Meilensteine“ bezeichnet. Für die inhaltliche Konzeption sei er nicht zuständig, sagt Schulz.
Dann also Boden vier. Sein Gang wird schneller. Man weiß nicht warum. „Das Leben an Bord werden wir hier zeigen“, sagt er. Was er verschweigt: „Das Leben auf Marineschiffen und Schiffsbewaffnung“ werden hier Thema sein, wie die nachgereichte Liste erweist. Fortsetzung folgt im fünften Stock: „Marinen der Welt“.
Zwei von neun Böden werden also Militaria gewidmet sein. Eine Menge für ein Haus, das viel Geld erhält, sich bislang aber nicht auf eine kritische Darstellung der Weltkriege oder die adäquate Präsentation der Opfer festlegen mochte. „Geschichte ist ein unendlicher Fluss“, sagt Schulz. Wir zeigen, wer sich wann mit wem gestritten hat.“
Ob er irgendwann „stopp“ sagt, wenn ihm allzu Unwissenschaftliches angetragen wird? „Wenn ich das so spät bemerke, habe ich vorher etwas falsch gemacht. Für derlei sind die Gremien mit den Fachleuten da.“ Ja, er nehme gelegentlich daran teil. Nein, Namen wisse er nicht.
„Wir sind in der Entwicklungsphase“ – auch in puncto Handelsschifffahrt, die im sechsten Stock präsentiert wird. Und die Kolonialisierung? Schulz: „Handel ist ein Versuch, seine, vielleicht auch die Situation anderer, zu verbessern.“ Auch ob der Sklavenhandel kommentiert wird, weiß er noch nicht. „Wir zeigen, was war“, sagt er, als sei die Welt ganz einfach. „Die Leute können sich selbst ein Bild machen.“
Welches Publikum will er denn überhaupt? „Alle.“ Also das Kind, den kritischen Historiker, den Militärschiff-Fan und den Neonazi? Schulz hat keine Bedenken: „Neonazis kommen nicht zu uns. Die gehen zu Gedenkstätten.“ PETRA SCHELLEN