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Archiv-Artikel

Nur 50 dürfen protestieren

Verfassungsgericht lehnt Eilanträge von Gipfelgegnern gegen Demo-Beschränkungen ab

FREIBURG taz ■ Das Bundesverfassungsgericht hat gestern zwei von drei Klagen der Gipfelprotestanten abgelehnt. Mahnwachen am Zaun von Heiligendamm und am Flughafen Rostock-Laage können nur in der vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald genehmigten Form stattfinden. Über das weiträumige Demonstrationsverbot in Heiligendamm will Karlsruhe heute entscheiden.

Am Flughafen Rostock-Laage kommen zahlreiche Gäste des G-8-Gipfels und ihre Delegationen an. G-8-Gegner wollten daher heute und morgen am Flughafen darauf hinweisen, dass sich G-8-Politik ihrer Meinung nach nur mit militärischer Repression durchsetzen lasse. Bei einem Erörterungstermin am Samstag hatte die Polizei den Demonstranten drei Orte in Flugplatznähe zugestanden, ein vierter Ort, an der Hauptwache des Flughafens, blieb umstritten.

Am Montag hatte das OVG dann entschieden, dass an der Hauptwache des Fliegerhorsts gestern und heute nur eine Versammlung mit maximal 50 Personen stattfinden kann. Eine Versammlung mit unbeschränkter Teilnehmerzahl wurde nur auf einer 500 Meter entfernten Buswendeschleife genehmigt. Hiergegen hatte Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz umgehend eine Verfassungsbeschwerde mit Eilantrag eingelegt.

Das Verfassungsgericht lehnte den Erlass einer einstweiligen Verfügung zugunsten der Demonstranten ab, da Eil-Rechtsschutz nur zur Abwendung eines schweren Nachteils möglich sei. Den sah Karlsruhe nicht gegeben, weil auch die Wendeschleife so gelegen sei, dass Personen, die mit Autos und Bussen vom Fliegerhorst abfahren, die Kundgebung bemerken dürften.

Die Ablehnung dieser Verfassungsbeschwerde ist also noch keine Vorentscheidung über das Verbot des Sternmarschs auf Heiligendamm am Donnerstag, gegen das ebenfalls Verfassungsbeschwerde eingelegt ist. Die Entscheidung wird für heute Mittag erwartet.

Bereits gestern hat das Verfassungsgericht über eine zweite Verfassungsbeschwerde entschieden, die eine Mahnwache der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ am gestrigen Dienstag betraf. Sie war vom OVG als bisher einzige Veranstaltung innerhalb der Sicherheitszone 2, aber außerhalb des Zauns, genehmigt worden. Anwalt Schultz kritisierte jedoch die Begrenzung auf 15 Teilnehmer, die zudem 24 Stunden vor Beginn der Tagung der Polizei namentlich benannt werden mussten.

Auch hier lehnte das Verfassungsgericht eine einstweilige Anordnung ab. Die Beschränkung der Teilnehmerzahl sei bei einer Mahnwache – anders als einer Großdemonstration – wohl kein „schwerer Nachteil“. Auf die ebenfalls gerügte Pflicht, jeden Teilnehmer der Polizei zu melden, gingen die Richter allerdings gar nicht ein.

Heute beginnen rund um Heiligendamm Straßenblockaden (siehe unten), die nicht angemeldet wurden, weil sie auch nicht anmeldefähig sind. Insofern wurden sie von der Polizei im Vorfeld auch nicht verboten. Friedliche Blockaden sind grundsätzlich auch vom Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit umfasst, wie das Verfassungsgericht 2001 entschied. In das Grundrecht darf jedoch eingegriffen werden, wenn es der Schutz anderer Rechtsgüter erfordert. Die Blockade-Versammlungen um Heiligendamm, mit denen die Infrastruktur des Gipfels lahmgelegt werden soll, dürfen daher von der Polizei aufgelöst und geräumt werden. CHRISTIAN RATH