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Archiv-Artikel

Weiß

2006 Silvaner, Weißwein trocken, Weingut Wagner Stempel, Rheinhessen, 5,70 Euro

Leute, die vom Wein leben, reden jetzt vom Jahrgang 2006, dessen Weine zum Großteil abgefüllt sind und vermarktet werden. Doch die Weinqualitäten dieses Jahrgangs sind höchst heterogen. Bei vielen Weingütern sind die Basisqualitäten geschmacklich diffus und mickrig ausgefallen – also jene Weine, die das Gros des Umsatzes ausmachen. Besser sieht es bei den gehobenen Weinen, ab Spätlesequalität, aus. Schuld geben die Winzer dem herbstlichen Wetter, als Dauerregen Ende September in fast allen deutschen Weingebieten die Ernte gefährdete. Besonders verheerend war der Herbstregen in Rheinhessen. Um den 8. Oktober ließ Nässe die reifen Trauben an den Rebstöcken aufplatzen. Zudem herrschten milde Temperaturen, in den Weingärten war es warm und feucht, Fäulnis befiel die Trauben.

Doch ein qualitätsorientierter Winzer weiß, was in so einem unberechenbaren Herbst auf ihn zukommt. Daniel Wagner aus Siefersheim ist mit seinem Team in den Weinberg gegangen und hat per Hand die angefaulten Trauben aussortiert. Eine Fleißarbeit, die deprimierend ist, weil dabei unzählige Trauben weggeschmissen werden. Doch so konnte Wagner mit hohen Ernteverlusten und Arbeitskosten doch noch gute Trauben einholen. In Siefersheim war er der Einzige, der so handelte. Das Gros der dortigen Winzer verzichtete auf das mühselige Aussortieren, setzte kostengünstig Vollerntemaschinen ein und glich später Fäulnistöne und Essignoten im Wein durch Chemie und Technik aus. Doch ein derart zugerichteter Wein besitzt weder geschmackliche Brillanz noch Potenzial und Lagerfähigkeit.

Ganz anders sind Wagners Weine. Bereits sein Basiswein, der trockene Silvaner, zeigt, was in 2006 möglich war: Weine, die nicht so alkoholschwer wie 2003 ausfallen und stattdessen mit Leichtfüßigkeit und geschmacklicher Dichte Freude und Genuss bereiten können. Wagners einfachster Silvaner lässt sich gut trinken und hat ausgewogene Geschmacksproportionen. Am Gaumen fällt besonders sein dichtes Fruchtbild auf. Zugleich hat er eine feine und wohl balancierte Säure. Sie kitzelt die Zunge und gibt dem Wein eine saftige, vitale Prägung. Leider ist die Güte des Weins in dieser Preisklasse im Jahrgang 2006 eine Ausnahme, er wird daher rasch ausverkauft sein.

Gute Weine fallen nicht vom Himmel, und bis heute können Technik und Chemie die Handarbeit und das Fingerspitzengefühl bei der Weinwerdung nicht ersetzen. 2006 kann daher als ein veritabler Winzerjahrgang gelten, bei dem sich, wie zuletzt 2000, die Spreu vom Weizen trennt. Zudem haben Jahrgänge heute offensichtlich einen spürbar geringeren Einfluss auf die Weinqualität als noch vor einer Dekade. Am Ende steht immer die Frage, wie viel Aufwand einem Winzer sein Name wert ist.

Bezug: Sechserkarton für 40,20 Euro inkl. Porto und Versand; der Zwölferkarton für 74,40 Euro. Weingut Wagner Stempel, Wöllsteiner Straße 10, 55599 Siefersheim, Fax: (0 67 03) 96 03 31, Fon: (0 67 03) 96 03 30, E-Mail: info@wagner-stempel.de