urdrüs wahre Kolumne
: Bismarcks braucht das Land

ULRICH REINEKING, Journalist, Kabarettist und regelmäßig Bahnreisender, hält Prinzipien nicht prinzipiell für schlecht.

Als engagierter Genießer künftiger Konflikte im Küchenpersonal der Burschwasie kann man das intrigante Gewusel um die schwarz-grüne Koalition in Hamburg-Altona nach dem Rein- und Durchfall für kleines dickes Müller mit allergrößten Hoffnungen beobachten: Was bei dieser projektierten Langzeit-Kumpanei an Postenschieberei und Abzockerei geschehen und irgendwann auch rauskommen wird, ist optimal geeignet, den mafiösen Charakter der Politik-Kaste lehrstückhaft zu belegen.

In Hannover drückt mir ein Herr das Anzeigenblatt Hallo Sonntag mit den Worten in die Hand: „Macht einen Euro, der Herr!“ Ich verweise darauf, dass das Blatt ja wohl kostenlos sei, bekomme aber zu hören: „Ich nehm’ dafür nun mal einen Euro. Könnte ja auch fünf nehmen – das ist eben Marktwirtschaft!“ Deren Gesetzen wir uns ja alle irgendwie beugen müssen, denke ich noch beim Entrichten der Münze.

Ob es dieser aktuellen Lektion für die Bremer Grünen noch braucht, im Arrangement mit den Sozialdemokröten die Weservertiefung und das Kohlekraftwerk zu schlucken, um die eigene Rückgratlosigkeit zu dokumentieren? Kleinkarierte Prinzipienreiter wie ich wüssten allzu gern, ob in den „Sachgesprächen“ eine Rolle spielen wird, dass es wahrscheinlich ein Bremer Bullizist oder auch Verfassungsschützer war, der bei der G-8-Demo den autonomen Steinewerfer gab, um eine Grundlage für Knüppelei und Gasattacke zu schaffen. Mit der Verantwortung für sowas qualifizieren sich Führungskräfte eigentlich für den Job des Hirten im Wildsau-Gehege des Bürgerparks!

Um Hannovers Innenstadt zur kaugummifreien Zone zu machen, sind Mitarbeiter der Straßenreinigung mit einem Heißdampf-Gerät unterwegs, das allen Ernstes „Gum-Buster“ heißt. Das verspricht doch metropoles Abenteuer und finale Erfüllung in der täglichen Pflicht: eine Alternative für alle, die sonst unbedingt zum Großreinemachen nach Afghanistan wollen.

Der schleswig-holsteinische CDU-Bundestagsabgeordnete Carl-Eduard Graf von Bismarck hat offenbar wenig von den Genen seines Ururgroßvaters Otto, dem eisernen Kanzler, geerbt. Seit Monaten schon drückt er sich mit gelbem Schein davor, seinem Beruf nachzukommen, hat aber nach heftiger Schelte jetzt wohl zugesagt, in Berlin wieder das Patschehändchen zu heben und mit Lobbyisten im Adlon Bismarck-Heringe zu essen. Schade eigentlich – sollte doch lieber Adoptionsvater wie Graf Frederic von Anhalt werden und die ganze Bagage zu Angehörigen des Hauses Bismarck nobilitieren – das rechnet sich …

Vor dem Eingang einer Herrensauna in Bremen-Walle verabschieden sich zwei Herren lauthals mit den Worten: „Du hast es gut und kannst bei dem geilen Wetter am Feldmarksee poppen – ich als Pauker muss dafür in die Sauna zum Schwitzen!“ Worauf der andere feixt: „Ich kann ja deine Schüler am Teich von dir grüßen!“ Womöglich mit dem diesjährigen Kirchentagsmotto „Lebendig und kräftig und schärfer“, empfiehlt im brüderlichen Geiste ULRICH „Kölle“ REINEKING