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Archiv-Artikel

„Das ist kein Verlust“

AKTION In Bremerhaven werden Ältere aufgefordert, ihren Führerschein für ein Busticket herzugeben

Von mnz
Ralf Spörhase

■ 57, ist Verkehrssicherheitsberater bei der Ortspolizeibehörde in Bremerhaven.

taz: Sie rufen über 65-Jährige dazu auf, den Führerschein für ein sechs Monate gültiges Busticket abzugeben. Ist das nicht ein schlechter Tausch?

Ralf Spörhase: Auf gar keinen Fall. Wir verfügen in Bremerhaven über ein ganz fortschrittliches Bussystem. Man kann mit dem Rollator oder dem Rollstuhl einfach so in den Bus reinfahren, fast alle Haltestellen sind modernisiert worden. Das alles wollen wir den älteren Menschen, die oftmals schon viele Jahre nicht mehr Bus gefahren sind, auch mal erklären.

Aber das alles kann man nur ein halbes Jahr kostenlos nutzen, wenn man seinen lebenslang gültigen Führerschein abgibt.

Das ist kein Verlust. Für viele ist das Auto ein Jugendbewahrer, die haben ein gesellschaftliches Problem, wenn sie ihren Führerschein offiziell abgeben. Aber man muss langsam umdenken. Wenn man wenig mit dem eigenen Auto fährt, könnte man für gleiches Geld lange Taxi fahren.

Oder Carsharing betreiben.

Klar. Jeder, der seinen Führerschein behalten will, soll ihn auch behalten. Wir wollen niemand drangsalieren, ihm sagen: Mit 70 bist du dran. Aber ältere Menschen, die nur noch wenig Auto fahren, verlieren an Fahrpraxis. Und wenn dann mal auf ihren altbekannten Strecken eine Baustelle ist, dazu Regen, dann entsteht eine komplexe Verkehrssituation. Da kommen schnell viele Faktoren zusammen, und es entstehen kuriose Unfälle.

Ist es gerechtfertigt, die Generation 65+ pauschal als „Risikogruppe“ zu bezeichnen?

Ja. Gleich nach den Fahranfängern bis 24 sind sie die Risikogruppe Nummer zwei. Man sagt, statistisch gesehen: Ein Mensch, der über 70 und an einem Unfall beteiligt ist, der ist fast zu 100 Prozent der Verursacher. Int.: mnz

14 Uhr, Fußgängerzone vor der Bürgermeister-Smidt-Gedächtniskirche