: Wohnung gegen Personenprofil
Seit März steht eine Dreizimmer-Wohnung in Hastedt leer. Kein Wunder, verlangt der Vermieter doch Auskunft über private Ausgaben, Auto-Modell und Besitz der Eltern. Das geht vielen zu weit
von Eiken Bruhn
380 Euro für 85 Quadratmeter mit Dachterrasse in Hastedt – Oliver Meiners hätte die Dreizimmerwohnung gern gemietet. Für den günstigen Preis hätte er in Kauf genommen, dass er die Wohnung hätte selbst renovieren müssen und das Badezimmer außerhalb der Wohnung lag. Und dass der Vermieter, ein Herr W., den Dachboden erst bei Vertragsunterzeichnung zeigen wollte – auch das hätte er noch akzeptiert. Bezahlbarer Wohnraum mit Balkon in Innenstadtnähe ist schließlich begehrt.
Doch am Abend, bevor es ernst werden sollte, hatte der Vermieter noch ein paar spezielle Fragen. Nicht nur verlangte er eine Schufa-Auskunft über sein Zahlungsverhalten und einen Nachweis über pünktlich gezahlte Mieten, sondern wollte außerdem wissen, ob seine Eltern ein Haus besitzen, welches Auto Meiners fährt, wie hoch seine Telefon- und Heizkosten sind und wie viel er ansonsten monatlich für sich, seine Frau und Kind privat ausgeben würde. Der Vermieter rechnete ihm dann vor, dass Meiners sich die Wohnung gar nicht leisten könne – unter Berücksichtigung von Kosten für Zahnpasta und Babynahrung. Meiners fand die Fragen und Rechnereien des Mannes unerhört. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt er. Er sagte ab.
Dabei ist er nicht der Einzige, der die Wohnung besichtigt hat und sich den Fragen nach persönlichen Ausgaben ausgesetzt sah. Mindestens seit März soll die Wohnung im Obergeschoss eines Reihenhauses nahe der Hohwisch-Schule leer stehen, so berichten andere Miet-Interessenten, die Meiners über ein Internet-Forum kennen lernte. Die meisten von ihnen fanden den Vermieter allerdings bereits schon bei der Besichtigung so merkwürdig, dass ein Einzug für sie nicht in Frage kam. „So ein Zirkus“ und „Das war völlig undurchsichtig“, sagt Otto Siems, der für sich, seine Frau und die jüngste Tochter eine Wohnung suchte.
Die Frage nach einer Schufa-Auskunft sei nicht das Problem gewesen, aber dass der Vermieter detaillierte Auskunft über Einkommen und Ausgaben verlangte sowie Nachweise über Mietzahlungen sehen und mit ihrem derzeitigen Vermieter sprechen wollte, ging dem Rentner zu weit. Außerdem sollte er – auch das bestätigen andere Interessenten – die erste Miete sowie das Deponat bar bei Vertragsunterzeichnung zahlen. „Anscheinend können sich Vermieter heutzutage alles erlauben“, beschwert sich Siems. Das findet auch Anne Pöser, die sich die Wohnung ebenfalls angeguckt hatte, der aber die Forderungen des Vermieters zu weit gingen. „Dass ein Privatvermieter eine Schufa-Auskunft verlangt, kann ich gerade noch akzeptieren, aber eine Gehaltsabrechnung – da hört es bei mir auf“, sagt die Auszubildende.
Seit einiger Zeit, so die Beobachtung des Bremer Mieterschutzbundes e. V., wollen fast alle Vermieter einen Nachweis über die Zahlungsmoral sehen. Das sei deren gutes Recht, sagt der Rechtsberater des Vereins, fragt sich aber auch, warum das üblich geworden ist. „Das scheint mit den Medienberichten über Mietnomaden zusammenzuhängen“, glaubt er.
Am Samstag ist das Inserat mal wieder im Anzeigenteil des Weser Kuriers erschienen. Auf die Frage, warum sich die Wohnung so schwer vermieten lässt, sagt die Frau, die sich unter der angegebenen Mobilnummer meldet: „Mein Mann ist sehr wählerisch.“