Israel sucht den Kontakt zu Syrien

Minister Mofaz bestätigt Angebot an den verfeindeten Nachbarstaat. Über deutsche und türkische Vermittler soll Premier Olmert den Golan im Gegenzug für einen Friedensvertrag angeboten haben. Soldaten beiderseits der Grenze stationiert

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Das Ende des 40-jährigen Status quo auf den Golanhöhen naht. Syrien und Israel reden vom Frieden und bereiten sich gleichzeitig auf einen Krieg vor. Transportminister Schaul Mofaz bestätigte am Wochenende, dass die israelische Regierung Syrien Bereitschaft signalisiert habe, erneute Verhandlungen aufzunehmen. Berichten der Zeitung Jediot Achronot zufolge, habe sich Israels Premierminister Ehud Olmert deutscher und türkischer Vermittler bedient, um dem syrischen Präsidenten Baschar Assad die Golanhöhen im Gegenzug für Frieden anzubieten. Eine Antwort aus Damaskus steht aus.

Mit der offiziellen Befürchtung, dass Israel möglicherweise einen Angriff noch in diesem Sommer plant, zieht Syrien seit Monaten die Truppen zusammen. „Seit dem Jom-Kippur-Krieg im Jahr 1973 hat Syrien kein so umfassendes Truppenaufgebot an der Grenze stationiert“, meldete der israelische Botschafter in den USA Salai Meridor an die heimatliche Regierung. Nach Berichten der Londoner Zeitung Al-Sharq al-Awsat durchläuft die syrische Armee eine ganze Serie von groß angelegten Militärübungen. Auch auf israelischer Seite trainieren die Soldaten. „Ich hoffe, dass die Syrer dies nicht falsch verstehen“, kommentierte Verteidigungsminister Amir Peretz eine Militärübung. Olmert wies die Minister unterdessen an, „das Gerede“ über eventuelle syrische Kriegsabsichten zu unterlassen.

Aus Rücksicht auf die Beziehungen zu den USA, die Verhandlungen mit Syrien lange ablehnten, hatte der israelische Premierminister einen Alleingang zwischen Jerusalem und Damaskus stets ausgeschlossen. Olmerts US-Treue ging soweit, dass Ihrahim Suleiman, der im Auftrag von Assad im vergangenen Jahr Geheimverhandlungen mit dem ehemaligen Generalsekretär des israelischen Außenamts Alon Liel führte, weder Zutritt zu Olmert noch zu Außenministerin Zippi Livni gewährt wurde, als er vor wenigen Wochen Jerusalem besuchte.

Olmerts Kurswechsel ist Teil seines politischem Überlebenskampf. Dem Premierminister wird schweres Versagen während des Libanonkriegs im vergangenen Sommer zur Last gelegt. Seine einzige Chance ist eine klare politische Perspektive. Und die ist, solange die palästinensische Regierung boykottiert wird, nur auf dem syrischen Gleis erkennbar.

Ein neuer Krieg wäre das letzte, was Israels Regierungschef derzeit braucht. Zwar gibt es kaum Zweifel an der militärischen Überlegenheit, dennoch fürchtet man in Israel, dass die Bevölkerung abermals den größten Schaden davontragen würde. „Es gibt keinen Unterschied mehr zwischen Front und Hinterland“, meinte letzte Woche ein hoher Regierungsbeamter. Auch der nächste Krieg werde mit Raketen geführt werden. Der Unterschied zwischen der libanesischen Hisbollah und Syrien sei sowohl ein quantitativer als auch ein qualitativer. Die syrischen Raketen könnten „den letzten Winkel Israels“ erreichen. Die israelische Armee hält noch immer keine Antwort auf die Kurzstreckenraketen parat.

„Ohne die komplette Rückgabe des Golan, ist kein Frieden mit Syrien machbar“, kommentierte der Regierungsbeamte. Der Preis, den Israel bezahlen muss, ist damit klar. Offen bleibt, was Assad zu geben bereit ist. Israels Interesse liegt neben vollen diplomatischen Beziehungen und dem Austausch von Botschaftern, an der Abkehr von Präsident Assads von Teheran und von der Hisbollah, deren Waffenlieferungen bis heute über syrisches Land gehen.

Das Weiße Haus in Washington lehnt Verhandlungen weiter ab. „Syrien hat bis zum heutigen Zeitpunkt keinerlei positive Schritte unternommen, wie wir sie in Bezug auf den Libanon und auf die Unterstützung für palästinensische Widerstandsgruppen sehen wollen“, kommentierte Tom Casey, ein Sprecher des State Departments.

Bei der letzten Verhandlungsrunde Anfang 2000 im amerikanischen Sheperdstown hatte Israels damaliger Premier Ehud Barak schon die Zusage des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton in der Tasche, bei Unterzeichnung eines Friedensvertrags eine komplette Modernisierung der Armee finanziert zu bekommen. Clinton sagte auch eine verstärkte Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste zu.