SexarbeiterInnen begehren auf

PROSTITUTION Am Samstag protestiert das Bündnis „Recht auf Straße“ gegen Kriminalisierung und Verdrängung der Sexarbeit im aufgewerteten St. Georg

Mit der Sperrgebietsverordnung ist Prostitution in St. Georg untersagt und wird unter anderem mit einem Bußgeld bestraft.

■ 300 SexarbeiterInnen sind nach Polizeischätzungen derzeit im Stadtteil tätig.

■ Etwa ein Zehntel davon seien „selbstbestimmte“, ein weiteres Zehntel drogenabhängige Deutsche.

■ Von 240 MigrantInnen komme mit 80 Prozent der überwiegende Teil aus Osteuropa, sagt die Polizei. Meist handele es sich um Zwangsprostitution.  LKA

Sonja Obermüller ist besorgt. Die Sozialarbeiterin beobachtet eine zunehmende Stigmatisierung und Kriminalisierung der SexarbeiterInnen in St. Georg, mit denen sie auch selbst arbeitet. Oftmals genüge der Polizei schon eine bestimmte Bekleidung, um jemanden als „besonders auffällige Person“ zu identifizieren. „Und so bekommen sogar Frauen, die im Viertel wohnen, Platzverweise“, sagt Obermüller.

Für die AktivistInnen des Bündnisses „Recht auf Straße“ ist das Sperrgebiet ein Instrument der Vertreibung und Kriminalisierung. Darüber hinaus ermögliche die Ausweisung des Quartiers als Gefahrengebiet polizeiliche Kontrollen ohne konkreten Anlass. St. Georg, sagt Sozialarbeiterin Obermüller, sei „immer schon heterogen“ gewesen. Bemerkenswert findet sie, „dass die Heterogenität jetzt problematisiert wird, während es früher klar war, dass man sich arrangieren muss“.

Aus Sicht von Tina Habermann vom Bündnis ist die Entwicklung ein Kristallisationspunkt der derzeitigen Stadtentwicklungs- und Aufwertungpolitik, bei dem aber auch Fragen von Kriminalisierung und Repression oder auch Arbeitsmigration zentral sind. Für die SexarbeiterInnen erhöhe sich der Druck: Durch Krise und Kriminalisierung kämen immer weniger Freier und die Konkurrenz unter den SexarbeiterInnen steige. Freier und Prostituierte müssen mit einem erhöhten Bußgeld rechnen.

„Die Polizei wird auch dann tätig, wenn sich Anwohner beschweren“, sagt Polizeisprecher Holger Vehren. SexarbeiterInnen und DrogenkonsumentInnen würden anhand ihrer Kleidung und ihres Kontaktverhaltens ausfindig gemacht. Auffällig seien aber auch Menschen, die sich regelmäßig im Viertel aufhalten.

Die Aufwertung hinter dem Hauptbahnhof schreitet seit Jahren voran. Ende Juni wurde der neue Hansaplatz eröffnet. Gentrifizierungskritiker befürchten, dass der Strich bald ganz aus St. Georg verschwinden soll. Der Bezirksamtschef von Mitte, Markus Schreiber (SPD), will den Straßenstrich nach Rothenburgsort verlegt sehen. Dadurch würden die SexarbeiterInnen, erklärt nicht nur das Bündnis, aus ihrem Schutz bietenden Umfeld vertrieben in ein Industriegebiet. LKA

Aktionstag „Recht auf Straße“: morgen, 16 bis 20 Uhr, Hansaplatz