: DDR – Epoche oder Episode?
ZUM NACHDENKEN Von 1949 bis 1990 gab es die Deutsche Demokratische Republik. Ein Vierteljahrhundert später ist unklar, was davon bleibt
Die Streitfrage wird vorab online gestellt.
Immer ab Dienstagmittag. Wir wählen eine interessante Antwort aus und drucken sie dann in der taz.am wochenende.www.taz.de/streit oder www.facebook.com/taz.kommune
Redaktion: Imre Balzer
Fotos: David Baltzer/zenit (groß), Johannes Zappe, Archiv (4)
Roland Jahn
Die DDR zu vergessen hieße, die Lebenserfahrungen von Millionen Menschen verschwinden zu lassen. 40 Jahre lang haben Menschen in der SED-Diktatur gelebt. Wie hat das funktioniert? Warum haben manche mitgemacht, manche stillgehalten und andere widersprochen? Und wie konnte die Mauer am Ende überwunden werden? Antworten auf diese Fragen sind ein Kompass für unsere Gesellschaft heute. Das nicht zu nutzen ist eine verpasste Chance.
Roland Jahn, 61, leitet seit 2011 die Stasiunterlagenbehörde. In der DDR gehörte er zur Opposition
Alexandra Hildebrandt
Die DDR war eine Episode. Obwohl die Mauer verschwunden ist – die Narben in den Herzen der Menschen, die unter der DDR-Diktatur gelitten haben, schmerzen immer noch. Die Brutalität des DDR-Unrechtssystems wird nie vergessen und von Generation zu Generation weitervermittelt.
Alexandra Hildebrandt, 55, ist Künstlerin und leitet das Museum Haus am Checkpoint Charlie
Grit Maroske
Manchmal habe ich Heimweh, aber Atlantis ist untergegangen und taucht nicht wieder auf. Meine Hoffnung liegt also darin, dass es irgendwann, wenn wir so weit sind, eine neue Idee gibt, wie man das Leben für uns alle gerechter machen kann.
Grit Maroske, 45, kommt aus Hoyerswerda. Sie ist taz-Leserin und hat die Streitfrage auf Facebook kommentiert
Wolfgang Tiefensee
Überstandene Episode oder Zukunftsmodell, nur eben schlecht gemacht? Ich habe ein schönes Leben geführt. Ein richtiges Leben im falschen. In einem vormundschaftlichen Staat mit niedrigen Mieten und hohen Mauern. Die hat die friedliche Revolution eingerissen. Wir sind das Volk! Eine epochale Erkenntnis.
Wolfgang Tiefensee, 59, war Oberbürgermeister in Leipzig und Bundesverkehrsminister. Seit 2009 ist er Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion
Karamba Diaby
Für mich persönlich war die DDR eine fünfjährige Episode. Für unsere Republik sind 40 Jahre DDR bis heute prägend. Also Epoche. Ihre Spuren lesen wir unter anderem ab an gebrochenen Biografien, ungleichen Lebensverhältnissen, unterschiedlichen politischen Orientierungen und am Betreuungsangebot. Eine Gemeinsamkeit hatten DDR und BRD: Beide Staaten behandelten ihre Einwanderer nach dem Motto „Gekommen, um zu gehen“. Dass es anders kam, ist ein Glücksfall.
Karamba Diaby, 52, ist promovierter Chemiker. Er wurde im Senegal geboren und kam 1985 mithilfe eines Stipendiums in die DDR. Seit 2013 sitzt er für die SPD im Bundestag