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Archiv-Artikel

Menschenrechtslage in Indonesien im Visier

UN-Sondergesandte Hina Jilani lobt Fortschritte in Aceh, übt aber Kritik wegen der schlechten Lage in Westpapua

BANGKOK taz ■ Die Morddrohungen folgten auf dem Fuße: Am Freitag hatte Albert Rumbekwan von der Nationalen Menschenrechtskommission im indonesischen Westpapua mit der UN-Gesandten Hina Jilani gesprochen. Über willkürliche Verhaftungen und Folter, wie sie aus Westpapua immer wieder berichtet werden. Prompt sah sich Rumbekwan massiven Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Zwölf Tage hatte sich Jilani im Land aufgehalten und dabei auch die abgeschirmte Unruheprovinz Westpapua besucht. Menschenrechtler beklagen seit langem eine zunehmende Militarisierung der rohstoffreichen Provinz. Die Berichte, die sie erhalten habe, seien glaubwürdig, sagte Jilani gestern vor Journalisten in Jakarta. Polizei und Militär versuchten in Westpapua Aktivisten, die Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen aufklären wollten, mit juristischen Drohungen einzuschüchtern. Menschenrechtler würden als „Separatisten“ gebrandmarkt, um ihre Glaubwürdigkeit zu unterminieren.

Westpapua untersteht Indonesien seit über 40 Jahren. Ein von Jakarta manipuliertes Referendum hatte 1969 die Übernahme der rohstoffreichen Region durch Indonesien bestätigt. Auf mehr Selbstbestimmung, die ihnen 1962 von Indonesien, der Exkolonialmacht Holland und der UNO zugesichert worden war, warten die Einwohner Westpapuas bis heute.

Verbesserungen in puncto Menschenrechte konstatierte Jilani in Aceh, wo nach dem Tsunami von 2004 der jahrzehntelange Konflikt zwischen der Guerillabewegung „Freies Aceh“ (GAM) und der indonesischen Regierung beigelegt wurde. Im übrigen Land bedürfe es aber spezieller Initiativen, um Menschenrechtler vor Verfolgung und Einschüchterung zu schützen.

Im Fall des prominenten, im September 2004 ermordeten indonesischen Menschenrechtlers Munir Thalib, zeigte sich Jilani besorgt über die mangelnde juristische Aufarbeitung. Munir, dessen Fall längst internationale Schlagzeilen macht, war während eines Fluges von Jakarta nach Amsterdam vergiftet worden. Der Hauptverdächtige, ein Pilot, wurde aufgrund mangelnder Beweise feigesprochen. Stattdessen waren Mitte April zwei neue Verdächtige verhaftet worden. Offiziell haben die Ermittler bis heute nichts vorzuweisen. Aktivisten der von Munir 1998 gegründeten „Kommission für die Verschwundenen und die Opfer von Gewalt“ (Kontras) kritisieren, dass bisherige Gerichtsprozesse mögliche Hintermänner außer Acht ließen. Weil Munir stets offen die von Indonesiens Militär und Sicherheitskräften begangenen Menschenrechtsverletzungen angeprangert hatte, werden diese in den Reihen des Geheimdienstes BIN vermutet. Erst kürzlich hatte Jilanis Kollege, der UN-Sonderberichterstatter für extralegale Hinrichtungen, Philip Alston, die Regierung aufgefordert, einen Untersuchungsbericht zum Fall Munir zu veröffentlichen. Jilani wird die Ergebnisse ihres Besuchs dem UN-Menschenrechtsrat vorlegen, der derzeit in Genf tagt. NICOLA GLASS