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Archiv-Artikel

„Das Gute wird nur gewollt“

Linkspartei und GEW vermissen den rot-grünen Kurswechsel in der Bildungspolitik. Die Koalitionsvereinbarungen – noch sind die Papiere vertraulich –lassen die Details offen

Von Klaus Wolschner

„Die Koalitionsvereinbarungen zum Thema Bildung sind lediglich ein symbolischer Kurswechsel“, mit diesen Worten hat der bildungspolitische Sprecher der Linkspartei, Jost Beilken, die ergebnisse der rot-grünen Verhandlungen kommentiert. Da werde das Gute gewollt, aber die „schlechte Politik der Kürzungen bei Bildung, Wissenschaft und Kultur nicht wirklich korrigiert“. Zum Beispiel die Ankündigung, pro Jahr vier neue Ganztagsschulen zu finanzieren: „Das ist keine Verbesserung gegenüber Rot-Schwarz. So dauert das Umsteuern ewig“, sagt Beilken.

Bei den Sekundar-Schulen, die Haupt- und Realschulzweige verschmelzen sollten, „brennt die Hütte“, sagt Beilken – viel Schweigen dazu in den Koalitionsvereinbarungen. Das „gemeinsame Lernen“, also die Einheitsschule bis Klasse zehn, solle „langfristig“ kommen – „also nur Worte, keine Taten“, fragt Beilken. Die Klassenfrequenzen werden nicht abgesenkt, bei der Frage der Lehrereinstellung ist offen, ob nur ausscheidende Lehrer ersetzt werden oder ob es nach Jahren der personaleinsparungen zusätzliche Stellen geben soll, wie Jens Böhrnsen auf der Lehrer-Personalversammlung versprochen hatte.

Die GEW hatte im Vorfeld der Verhandlungen die SPD an den Satz aus ihrem Wahlprogramm erinnert, dass „alle Schulen verpflichtet werden, die aufgenommenen Schülerinnen und Schüler an ihrer Schule zum Abschluss zu führen“. Das würde weitreichende Konsequenzen haben, erklärt Jürgen Burger von der GEW: Die gerade neu erfundenen „Sekundarschulen“ haben sich schon zu „Restschulen“ entwickelt, nur 17 Prozent der Eltern schicken ihr Kinder dorthin. Gleichzeitig wählen über 50 Prozent der Eltern ein Gymnasium – in früheren Jahren, als die Schulen nach der „Orientierungsstufe“ die Schüler noch aufteilten, bekamen nur 30 Prozent eine „Gymnasialempfehlung“. Die Gymnasien können aber nicht 20 Prozent aussieben, sagt Burger. Sie müssten früher oder später „integrativen“ Unterricht anbieten, also weniger leistungsstarke SchülerInnen mitnehmen und denen einen Realschul-Abschluss anbieten. Der GEW-Sprecher würde das begrüßen als Schritt hin zur „Schule für alle“.

In den Koalitionsvereinbarungen finden sich aber keine konkreten Verabredungen zu diesem Thema. Da steht das Stichwort vom „Schulbudget“, über das jede Schule autonom verfügen darf, was das aber konkret sein soll, ist noch offen. Eine pauschale Personalkürzungs-Quote wie in den vergangenen Jahren soll es nicht mehr geben. Aber über die Zahl der Lehrerstellen sagt das nichts.

„Wir wollten nicht im Handstreich neue Verordnungen verabreden“, erklärt Susan Mittrenga, Vorstandssprecherin der Grünen. Man habe die Ziele formuliert, die dann in einer „Schulentwicklungs-Runde“ mit externen Experten öffentlich diskutiert werden sollen. Schulentwicklung sei ein langfristiger Prozess.

Die Junge Union hat dagegen schon Widerstand angekündigt und will Unterschriften gegen die „Einheitsschule“ sammeln. JU-Vorsitzender Denis Ugurcu: „Die Einheitsschule ist ein Gespenst der 68er-Generation und hat nur eine Gleichmacherei auf niedrigstem Niveau zur Folge.“