: Ohne Steve geht nichts
GEEKY Die Serie „Silicon Valley“ ist ein modernes Märchen über das Nerd-Image der kalifornischen Hightech-Firmen: Ein Informatiker entwickelt eine App, die plötzlich sehr viel Geld wert ist. Verkaufen oder nicht?
VON MARLENE HALSER
„Das ist seltsam. Sie sind immer in Fünfergruppen unterwegs“, sinniert Gavin Belson in der ersten Folge von „Silicon Valley“. „Fast so, als würden sich Programmierer untereinander austauschen, bis sie am Ende immer die richtige Zusammensetzung haben.“
Belson (Matt Ross) ist CEO von hooli, einer dieser großen Hightech-Firmen im Silicon Valley, die die Welt mithilfe technischer Neuentwicklungen retten will. „It takes change to make change“, ist sein Motto. Eine Persiflage, die das aggressive und mitunter auch ziemlich scheinheilige Weltverbesserungscredo von Apple und all den anderen millionenschweren kalifornischen Startups auf die Spitze treibt. Mit eben so einer Fünfergruppe von Programmierern bekommt Belson es nun zu tun. Nur dass ihm diese wenig Freude macht.
Richard (Thomas Middleditch) ist der Prototyp eines Geeks: Kapuzenpulli über dem Hemd, wässrig-blaue Augen, deren Blick er beim Sprechen am liebsten auf seine Schuhspitzen richtet. Aber er versteht viel von Zahlen und Codes. Er hat die App „Pied Piper“, „Rattenfänger“, entwickelt. Sie soll dabei helfen, Urheberrechtsverletzungen im Netz ausfindig zu machen.
Was Hendricks, der Antiheld-Weirdo, anfangs selbst nicht begreift: Seine App enthält einen Algorithmus, der es möglich macht, alle Datenformate auf bisher nie dagewesene Weise zu komprimieren. CEO Belson ist bereit, für diese Erfindung zehn Millionen Dollar zu bezahlen. Dumm nur, dass Hendricks seine App auch Belsons Erzfeind, Peter Gregory (Christopher Evan Welch), angeboten hat – und dieser zeitgleich deren Potenzial entdeckt.
Hendricks muss sich entscheiden: Soll er seine Erfindung für zehn Millionen Dollar an den hooli-CEO verkaufen, oder lässt er dessen Konkurrenten für weit weniger Geld in seine Firma einsteigen, behält so aber weiterhin die Macht über sein „Baby“? Überfordert und einer von vielen weiteren Panikattacken nahe, flüchtet sich Hendricks nach draußen, um sich zu übergeben – und lehnt schließlich die zehn Millionen Dollar ab.
Was dann über die nächsten acht Folgen der von „Beavis & Butt-Head“-Erfinder Mike Judge produzierten HBO-Serie folgt, ist der verzweifelte Versuch eines sozial ziemlich inkompatiblen Nerds und seiner nicht weniger nerdigen Kumpels, aus einer genialen Idee ein prosperierendes Unternehmen zu machen.
Mit dabei, wenn auch nie leibhaftig anwesend, sind die beiden „Steves“, Apple-Gründer Steve Jobs und sein Mastermind Steve Wozniak. Ohne dessen Programmierkünste hätte es der echte Jobs nie zum Tycoon geschafft.
Erlich (sprich Örlick) Bachmann (T. J. Miller) tritt als großmäuliger, Bong rauchender Vermieter des „Inkubators“, der Firmenzentrale von Hendricks und seinen Kumpels, auf, mit liebenswerter Selbstüberschätzung und im schwarzen Rollkragenpullover. Investor Peter Gregory erinnert mit seinem Seitenscheitel und seiner an Irrsinn grenzenden Genialität an Steve Jobs, als der legendär, 1984, den ersten Macintosh präsentierte. Die Anspielungen auf die echten Größen des Silicon Valley sind so zahlreich, dass man ihrer müde werden könnte. Erstaunlicherweise aber geschieht das nicht. Denn was im Vordergrund der Serie steht, ist ihre Message. „Silicon Valley“ ist ein modernes Märchen, in dem es die Schwachen auf ihre dilettantische Weise mit den herrschenden Widerlingen aufnehmen – und das will man, in einer Welt, in der man zu gleichen Teilen Abscheu gegenüber der Hightechfixierung empfindet, wie man von ihr abhängig ist, gerne miterleben.
„Du musst dich entscheiden“, sagt Vermieter Erlich Bachmann irgendwann zu Hendricks, „willst du Jobs sein oder Wozniak?“ Hendricks entscheidet sich nicht – und kommt damit trotzdem ziemlich weit. Ein Märchen eben, aber eines, das einem ziemlich unterhaltsam die Zeit vertreibt.
■ Serienstart: Mittwoch 12. 11. und dann immer mittwochs, 21 Uhr, Sky Atlantik HD