: „Zukunft ist gesichert“
Geschäftsführer Paul-Heinz Wellmann glaubt trotz des Ausstiegs von Bayer an die Leverkusener Leichtathletik
PAUL-HEINZ WELLMANN (55) ist Geschäftsführer der Leverkusener Leichtathletik. 1976 gewann er bei den olympischen Spielen in Montreal die Bronzemedaille über 1.500 Meter.
taz: Herr Wellmann, wird es in Leverkusen nach dem Ausstieg des Hauptsponsors Bayer noch Leichtathletik geben?
Paul-Heinz Wellmann: Wir haben einen Aufschub zum Jahr 2009 bekommen, das ist sehr positiv. Die Vorbereitungen auf die olympischen Spiele 2008 und die WM 2009 laufen wie bisher. Danach müssen wir neue Strukturen aufbauen und neue Partner finden. Dadurch, dass das Bayerkreuz vom Trikot verschwindet, dürften andere Unternehmen angelockt werden.
Können Sie den derzeitigen Umfang aufrecht erhalten?
Ich denke schon, dass wir den Kreis unserer Mitarbeiter und Trainer beibehalten können. Wie wir uns im Spitzensport aufstellen, müssen wir innerhalb der kommenden zwölf Monate entscheiden. Die Bayer AG als Partner bleibt uns ja trotzdem erhalten und auch der DLV muss und wird unsere Arbeit stärker unterstützen als bisher, da uns der Mäzen Bayer abhanden gekommen ist.
Ist Leverkusen ein Einzelfall?
Der TV Wattenscheid musste vor einigen Jahren damit leben, dass sich der Mäzen Steilmann komplett zurückgezogen hat. Dort ist die Kommune im Form der Stadtwerke eingesprungen. Quelle Fürth hatte ähnliche Probleme. Wir bewegen uns in der Leichtathletik im niedrigen, einstelligen Millionenbereich. Vielleicht können wir auch die Bayer AG überzeugen, irgendwann wieder in die Leichtathletik zu investieren. Immerhin gab es in den vergangenen 40 Jahren genug Aushängeschilder für den Konzern wie Heide Rosendahl, Ulrike Meyfarth oder aktuell die Speerwerferin Steffi Nerius.
Sponsoren konzentrieren sich trotzdem auf Fun-Events oder Großereignisse wie die Fußball WM.
Das muss man differenziert sehen. Die Großereignisse wie Olympia, WM oder EM werden im TV übertragen und haben auch ihre Einschaltquoten. Sportfeste oder nationale Titelkämpfe spielen dagegen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk kaum mehr eine Rolle. ARD, ZDF oder auch der WDR sind gefordert, die Leichtathletik mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Leider haben uns andere Sportarten den Rang abgelaufen.
Woran liegt das?
Die Medien laufen den Sportarten hinterher, in denen gerade die größten Erfolge gefeiert werden. Im Tennis war dies so, auch im Radsport.
Wie sehr schadet die aktuelle Doping-Diskussion Ihrem Sport?
Es gibt immer noch das Vorurteil, dass Hochleistungen nur mit Hilfe von Doping erreicht werden können. Das deutsche Kontrollsystem funktioniert sehr gut. Wir haben fast täglich Trainingskontrollen. Wir müssen den Athleten auch beibringen, dass sich Doping nicht lohnt. Sie müssen den Wert ihrer eigenen Leistung anerkennen. Was nützt es, wenn ich unter Mithilfe verbotener Substanzen eine Medaille hole und mich nur bedingt darüber freuen kann. Für die paar Euro mehr lohnt es sich nicht. Vielleicht ist die Verführung in den afrikanischen Ländern oder im ehemaligen Ostblock, wo es den Athleten materiell nicht so gut geht, größer.
Welche Möglichkeiten haben Ihre Athleten dann im internationalen Wettbewerb?
Wir werden zehn bis zwölf Athleten im August zur WM nach Osaka schicken. Wenn es sehr gut läuft, können zwei oder drei um die Medaillen mitkämpfen. Steffi Nerius im Speerwurf, unsere Stabhochspringer Danny Ecker und Lars Börgeling, wenn sie sich qualifizieren, oder Jennifer Öser im Siebenkampf. Realistisch gesehen haben wir nur Außenseiterchancen. Jede Finalteilnahme wäre ein großer Erfolg.
INTERVIEW: HOLGER PAULER