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Archiv-Artikel

Schwarz und Grün machen Schule

Auch die CDU fordert nun die Abschaffung der Hauptschule und schwenkt damit auf die Linie der Grünen ein. Mit dieser Position will die Union in der Bildungspolitik Druck auf den Senat machen. Linkspartei: Es gibt keine Alternative zur Gemeinschaftsschule

VON UWE RADA

Die Berliner CDU bewegt sich in der Bildungspolitik auf die Grünen zu. Bei einer Fraktionsklausur im brandenburgischen Neuruppin vollzogen die Christdemokraten am Wochenende einen Kurswechsel und plädieren für die Abschaffung der Hauptschule. Zur Debatte stehe ein zweigliedriges Schulsystem wie in Hamburg, erläuterte Fraktionschef Friedbert Pflüger am Samstag nach der Klausur. „Wir wollen Bewegung in die Schulpolitik bringen“, betonte Pflüger.

Bereits zu Beginn des Jahres haben die Grünen einen Antrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht, demzufolge der rot-rote Senat das sogenannte Hamburger Modell prüfen solle. In der Hansestadt hatte der CDU-Senat angekündigt, ab dem Schuljahr 2009/2010 das dreigliedrige Schulsystem abzuschaffen. Neben den Gymnasien soll es dann nur noch sogenannte Stadtteilschulen geben, in denen ebenfalls das Abitur gemacht werden kann. Hervorgegangen ist das Modell aus einer Enquetekommission „Konsequenzen der neuen Pisa-Studie für Hamburgs Schulentwicklung“. Auch die SPD stimmte dort dem Modell zu.

Kein Wunder, dass sich die grüne Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig gestern über den Sinneswandel der CDU erfreut zeigte. „Wir vernehmen mit Interesse, dass die Berliner CDU sich dieses Themas annimmt“, sagte Eichstädt-Bohlig der taz. Allerdings müsse auch darüber nachgedacht werden, was sich am Gymnasium ändern müsse. Wie es mit dem Berliner Schulsystem weitergehen soll, wollen die Grünen Anfang Juli bei einem Workshop mit Berliner Hauptschuldirektoren beraten.

Für die Grünen und CDU-Fraktionschef Pflüger ergibt sich nach dem Kurswechsel der Christdemokraten die Möglichkeit, den Senat vor allem bildungspolitisch unter Druck zu setzen. Einen Vorgeschmack darauf gab Pflüger bereits am Wochenende. Das Berliner Schulsystem sei „krisengeschüttelt“. Vom Senat komme viel zu wenig. Pflüger kündigte an, in den kommenden zwei Jahren einen „Masterplan Bildung“ erarbeiten zu wollen. Unterstützung bekam er dabei von Dieter Lenzen, dem Präsidenten der Freien Universität. Der hatte sich als Gast der CDU-Klausur ebenfalls für das zweigliedrige Schulsystem starkgemacht.

Zurückhaltend reagierten gestern Politiker der Senatskoalition auf den Sinneswandel der CDU. „Dass die CDU endlich begreift, dass die Hauptschule eine Restschule ist, muss man anerkennen“, meinte Linkspartei-Faktionssprecherin Kathi Seefeld. Gleichwohl sei das Hamburger Modell keine Alternative zur „Gemeinschaftsschule“, wie sie der rot-rote Senat in einem Modellprojekt erprobt. Anders als Hamburg setzt Berlin nicht auf die Zweigliedrigkeit des Schulsystems, sondern will Schüler möglichst lange gemeinsam lernen lassen. Seefeld forderte die Berliner CDU deshalb auf, „nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben und sich vorbehaltlos mit der Gemeinschaftsschule zu beschäftigen“.