: Vom großen Wurf zur Minireform
Der Koalitionsausschuss berät heute die Reform der Pflegeversicherung. Veränderungen bei der Finanzstruktur scheinen vom Tisch. Weiteres Streitthema: der Mindestlohn
BERLIN AP/dpa/taz ■ Höhere Beiträge, mehr Leistungen, aber keine Grundsatzreform: Unmittelbar vor der Koalitionsrunde zur Reform der Pflegeversicherung am heutigen Montag hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ihr Konzept verteidigt. Man habe ein „großes Reformpaket“ verabredet, das die Finanzierung der Pflegeversicherung für zehn Jahre sichere, sagte die SPD-Politikerin der Berliner Zeitung.
Doch mit diesem Paket scheinen zentrale Punkte der Pflegereform, die im Koalitionsvertrag Ende 2005 vereinbart waren, vom Tisch zu sein. Damals waren sich Union und SPD noch einig, einen Ausgleich zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung sowie den Aufbau einer kapitalgedeckten Säule des Systems anzustreben. Beides sollte dazu dienen, das System dauerhaft auf eine solide Finanzbasis zu stellen. Doch gab es bei den Gesprächen Schmidts mit ihren Kabinettskollegen Horst Seehofer (CSU) und Ursula von der Leyen (CDU) keinen Konsens. Laut Schmidt werde es Verbesserungen für altersverwirrte Menschen geben, für Angehörige, die Familienmitglieder pflegen, und für Menschen, die auf ambulante Pflegeangebote warten.
Offen blieb, wie hoch die Beitragserhöhung ausfällt. Nachdem Unionsfraktionschef Volker Kauder ursprünglich 0,5 Punkte ins Gespräch gebracht hatte, will Familienministerin von der Leyen mit nur 0,2 Prozentpunkten auskommen. Das wären etwa 2 Milliarden Euro. Sowohl der CDU-Pflegepolitiker Willy Zylajew als auch der saarländische SPD-Chef Heiko Maas äußerten in der Passauer Neuen Presse Zweifel, dass dies ausreicht. 1,5 Milliarden Euro sind allein nötig, wenn Demenzkranke besser versorgt werden sollen. Bislang liegt der Beitrag bei 1,7 Prozent des Bruttolohns; Kinderlose zahlen 0,25 Prozentpunkte Aufschlag.
Auf der Tagesordnung des Koalitionsausschusses steht außer der Pflegeversicherung ein weiteres Dauerstreitthema der Koalition: der Mindestlohn. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla geht davon aus, dass es hier zu einer Einigung kommt: „Wir können uns vorstellen, dass weitere Branchen ins Entsendegesetz aufgenommen werden, wenn beide Tarifpartner dies wollen“, sagte Pofalla.