: Schutz vor Familienclans
JUGENDKRIMINALITÄT Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk eröffnet Einrichtung für straffällige Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren. Jedes Jahr sollen dort 100 von ihnen psychologisch betreut werden
Im September eröffnet in Berlin eine Einrichtung für gefährdete oder straffällig gewordene Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren. Die Unterbringung, die in einer bisherigen Unterkunft für Jugendliche zur Untersuchungshaftvermeidung im Bezirk Reinickendorf eingerichtet wird, biete in Berlin erstmals die Möglichkeit zu „freiheitsentziehenden Maßnahmen“, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks (EJF), Siegfried Dreusicke. Die Einrichtung mit zunächst vier Plätzen sei bestimmt für Fälle, „die weder ins Gefängnis noch in die Psychiatrie gehören“.
Initiiert wurde das Projekt, das vom EJF und der Stiftung Soziale Dienste (FSD) getragen wird, vom Berliner Senat, nachdem sich Fälle drogendealender Kinder gehäuft hätten. Die oft aus dem Ausland stammenden Jugendlichen hätten sich in der Regel als unter 14-Jährige und damit strafunmündig ausgegeben. In der Einrichtung in Reinickendorf soll künftig neben intensiver Betreuung auch ein Altersgutachten veranlasst werden. Nach Dreusickes Angaben wird die Einrichtung das Land Berlin jährlich rund 580.000 Euro kosten. Neben straffällig gewordenen Kindern seien auch extrem verhaltensauffällige und psychisch kranke Mädchen und Jungen Zielgruppe der Einrichtung. Ausschlaggebend sei, ob sie für andere oder sich selbst eine Gefährdung darstellten, sagte Dreusicke.
Die Zahl derer, für die eine Betreuung in der geschlossenen Einrichtung infrage komme, werde auf 30 Kinder pro Berliner Bezirk geschätzt, sagte EJF-Jugendhilfe-Referent Michael Piekara. Es sei aber klar, dass nicht alle in speziell dieser Einrichtung behandelt werden können. Piekara rechnet nach eigenen Angaben mit einem „Durchlauf“ von 100 Kindern und Jugendlichen pro Jahr. Die Höchstdauer des Aufenthalts soll bei drei Monaten liegen.
Das Gebäude, dessen Sanierung Anfang August beginnen soll, wird bis zur Eröffnung mit Fenstern aus Sicherheitsglas ausgestattet. Dieses biete Schutz beispielsweise vor Familienclans, die ihre Kinder mit kriminellen Machenschaften zur „Erwerbsquelle“ gemacht hätten und sie mit allen Mitteln dort herausholen wollten, sagt Dreusicke.
Geplant ist zudem ein Heim für den längeren Aufenthalt von straffällig gewordenen oder gefährdeten Kindern in Rauen (Brandenburg). EPD