: Laufendes Jahr ist wohl gesichert
SOZIALES Die Parteien wollen Kündigungen der Neuköllner Sozialprojekte in der BVV nicht aufrechterhalten. Die langfristige Finanzierung der präventiven Jugendhilfe ist derweil unklar
Die Finanzierung der Jugendarbeit in Neukölln scheint gesichert. Noch vor Beginn der für diesen Mittwoch anberaumten Sonderbezirksverordnetenversammlung (BVV) kündigten SPD, Grüne, CDU und Linkspartei eine Weiterführung an. Damit wäre die notwendige Mehrheit für eine Rettung der Sozialprojekte gewährleistet. Die konkreten Konditionen der neuen Verträge sind allerdings noch unklar.
Vor zwei Wochen hatte das Bezirksamt Neukölln den mehr als 60 Jugendhilfeprojekten und Schulstationen des Bezirks zum 30. September gekündigt, weil das Jugendamt die für das laufende Jahr veranschlagten Mittel bis Jahresende um 4,1 Millionen Euro zu überschreiten drohte. Vorgesehen waren hier ursprünglich 43,9 Millionen Euro. Davon betroffen waren die sogenannten Hilfen zur Erziehung (HzE), mit deren Geldern die Jugendarbeit des Bezirks finanziert wird. Die Maßnahme sei notwendig gewesen, um „Handlungsspielraum“ für notwendige Haushaltsbeschlüsse der BVV zu schaffen, wie es in einer Pressemitteilung des SPD-Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky hieß.
Lars Oeverdieck, Mitglied der Neuköllner SPD-Fraktion, wirft der für die Mittelvergabe verantwortlichen Jugendstadträtin Gabriele Vonnekold (Grüne) Unfähigkeit vor: „Das sollte sich mal einer zu Hause erlauben.“
Als eine „ganz klare Wahlkampfstrategie“ bezeichnete derweil Vonnekold die Kündigungen durch Bezirksamt und Bürgermeister: „Auch andere SPD-geführte Abteilungen verursachen im Bezirksamt Budgetbelastungen. Über die wird aber nicht gesprochen.“ Bei den HzE handele es sich schlichtweg um nicht kalkulierbare Kosten, da sie sich nach den aktuellen Fallzahlen richteten. Auch der Grünen-Landesvorsitzende Daniel Wesener warf Buschkowsky eine „perfide Taktik“ vor.
Oeverdieck kündigte an, dass mit einer Zustimmung der SPD-Fraktion zur Erneuerung der Verträge für 2011 zu rechnen sei. Buschkowsky unterstrich, dass auch das Jugendamt in die Sparmaßnahmen einbezogen werden müsse. Dort herrsche die Auffassung: „Uns kann keiner.“
Die betroffenen Freien Träger wollen sich mit neuen Verträgen zu vermutlich schlechteren Konditionen nicht zufrieden geben. Siegfried Lemming, Geschäftsführer vom Diakoniewerk Simeon, kritisierte die prekäre Beschäftigungssituation vieler Mitarbeiter in den Projekten. Durch die jüngsten Maßnahmen sei es wahrscheinlich, dass die Beschäftigten sich langfristig nach neuen Arbeitgebern in anderen Bezirken umsehen würden.
Im Falle von Entlassungen wegen Kürzungen durch das Bezirksamt kündigt Lemming außerdem rechtliche Schritte an: „Eine fristgemäße Kündigung von unseren Mitarbeitern wäre so nicht möglich. Zur Übernahme der Abfindungszahlungen sind wir nicht bereit.“
Auch Oeverdieck verdeutlicht, dass selbst im Falle einer Erneuerung der Verträge über die längerfristigen Perspektiven der HzE gesprochen werden müsse. Vorerst werden andere Abteilungen sich an der Deckung des aktuellen Defizits des Jugendamts beteiligen: Allein das Bauamt soll 1,6 Millionen Euro einsparen. Die Finanzierung der präventiven Jugendarbeit für die weiteren Jahre ist damit allerdings noch nicht gesichert.
WERNER KRAUSE