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Archiv-Artikel

Bauarbeiter in Norddeutschland streiken

Der Arbeitskampf in der norddeutschen Baubranche für den Erhalt des Flächentarifvertrags hat begonnen. 110 Baustellen in Niedersachen und Schleswig-Holstein, aber auch in Hamburg und Bremen sind betroffen

Der Arbeitskampf im norddeutschen Baugewerbe hat begonnen. Auf 110 Baustellen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein ruht laut Gewerkschaft Bau-Agrar-Umwelt seit Montagmorgen unbefristet die Arbeit. Auch Baustellen in Hamburg und Bremen sind betroffen, sofern dort Betriebe aus den beiden Bundesländern arbeiten. „Einige hundert Arbeitnehmer befinden sich im Arbeitskampf – und das ist erst der Anfang“, sagte IG Bau-Streikleiter André Grundmann. Die Aktionen würden täglich ausgeweitet. „Wir verschießen unser Pulver nicht am ersten Tag.“

Der unbefristete Streik war am Sonntag formell beschlossen worden, nachdem 87,9 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder in einer Urabstimmung für einen Ausstand votiert hatten. Der Streik wird nach Meinung von IG Bau-Chef Klaus Wiesehügel über das Fortbestehen des Flächentarifvertrages in der Baubranche entscheiden.

Die beiden Baugewerbeverbände Niedersachsen und Schleswig-Holstein hatten eine Tarifeinigung für die bundesweit 700.000 Beschäftigten der Bauwirtschaft in letzter Minute gekippt, weil ihnen der Schlichtungsspruch von Ex-Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) zu hoch ausgefallen und ihnen angeblich die Öffnungsklausel für angeschlagene Betriebe zu unkonkret gewesen sei. „Das ist überhaupt gar nicht ihre wirkliche Motivation. Hier geht es um viel, viel mehr“, sagte Wiesehügel vor Streikenden auf einer Baustelle in Bad Nenndorf. „Hier geht es darum, ob das ganze Tarifwerk im Baugewerbe zerbricht oder nicht.“ Clement hatte vorgeschlagen, die Löhne und Gehälter in der wieder boomenden Bauwirtschaft ab 1. Juni dauerhaft um 3,1 Prozent und im kommenden noch mal 1,5 Prozent sowie zum September 2008 um 1,6 Prozent anzuheben.

Der Bundesverband der Deutschen Bauindustrie kritisierte indes seine Unternehmerkollegen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein scharf. Hauptgeschäftsführer Michael Knipper sagte, mit ihrer Weigerung, den Schlichterspruch anzuerkennen, wollten die Landesverbände den Flächentarifvertrag aushöhlen.

Auch der Schlichter Clement teilt diese Auffassung. Es sei kaum denkbar, in der Baubranche ohne einen Flächentarif auszukommen. „Das Baugewerbe ist ein wanderndes Gewerbe und nicht in Ländergrenzen einzuordnen“, sagte Clement. „Deshalb ist in dieser Branche ein Flächentarif noch notwendiger als etwa in der Metall- und Elektroindustrie.“ KAI VON APPEN