NEU IM KINO : Diese Woche frisch
Nader und Simin – Eine Trennung
Die erste Einstellung von Asghar Farhadis Film „Nader und Simin – Eine Trennung“ könnte signifikanter nicht sein: Das Ehepaar, von dem hier erzählt wird, sitzt einem Richter gegenüber. Simin, die Frau, versucht ihren Standpunkt klarzumachen. Sie möchte das Land verlassen, sie glaubt, dafür gute Gründe zu haben. Die gemeinsame Tochter möchte sie mitnehmen. Nader aber will im Iran bleiben, nicht zuletzt seines Vaters wegen, der an Alzheimer leidet und der Betreuung bedarf.
Für die Pflege seines Vaters engagiert Nader eine Frau aus einem entfernten Viertel Teherans: Razieh gehört einer anderen Schicht an, sie lässt bald erkennen, dass sie in Schwierigkeiten steckt, die Arbeit mit dem alten Mann stellt sie vor große moralische Probleme, auf die es in der islamischen Tradition nicht immer schon eindeutige Antworten gibt. Und so entwickelt sich fast unmerklich ein Drama von zunehmend bedrängender Wucht, das um eine Schlüsselszene kreist, in der Nader Razieh einen Schubs gibt, um sie aus der Wohnung zu werfen: Sie hat seinen Vater allein gelassen, das hat zu einer kritischen Situation geführt, er wähnt sich im Recht, und geht doch ein bisschen zu weit.
Asghar Farhadi zeigt all das so, wie man es aus vielen iranischen Filmen gewohnt ist: Mit einer „objektiven“ Kamera, die in Totalen oder Halbtotalen aufnimmt, was sich zuträgt. Jedes Moment im Bild, jedes Dialogpartikel, jeder Blick ist von Bedeutung, kann zu einem Indiz werden in einem Film, in dem dem Publikum zunehmend die Rolle eines „Richters“ zufällt: Denn es gibt viele berechtigte Ansprüche hier, und es ist ungeheuer spannend, dabei zuzusehen, wie sie immer schwieriger miteinander zu vermitteln sind, bis Nader schließlich in einer brillanten Szene eine unerwartete Verschärfung der Situation bewirkt. In 9 Kinos