: Strengere Kriterien sind nötig
betr.: „Bioerdbeeren dürfen fliegen“, taz vom 18. 6. 07
Christine Zeiner glaubt offenbar nicht an einen Bewusstseinswandel durch strengere Standards bei den weit verbreiteten Ökosiegeln. Sie setzt auf weitere Spezialsiegel und damit noch auf die diskussionsfreudige, alte „Weltladenkultur“. Die macht heute aber nur noch einen verschwindend kleinen Bruchteil des Öko-Massenmarktes aus. Wer in diesem Massenmarkt die Verbraucher erreichen und deren Gewohnheiten ändern will, muss mit einfachen Anreizsystemen oder weit verbreiteten Standards agieren. Strengere Kriterien für die Einführung eines Ökosiegels sind deshalb ein Gebot der Stunde.
Vor dem Hintergrund des Klimawandels müssen die CO2-Effekte bei Produktion und Vertrieb in die Verbrauchersiegel integriert werden, wenn es uns als Verbraucher nicht nur um die unmittelbaren Produkteigenschaften, sondern auch um eine umweltverträgliche Wirtschaftsweise geht. Beim Flugverbot für Lebensmittel scheiden sich genau aus diesem Grunde die Geister. Wer vor allem an die gesunde Ernährung der eigenen Familie denkt, der wird es ablehnen. Wer den Klimawandel als besonders bedrohlich empfindet, der wird es befürworten.
Leider sieht es so aus, als ob die Biobauern in den Entwicklungsländern diesmal Opfer eines gestiegenen Umweltbewusstseins bei uns sein könnten. Schwer verdaulich für die ökologisch und sozial orientierte Linke, egal ob mit Siegel oder ohne. Wenn dies ein Vorgeschmack auf die unangenehmen Abwägungen zwischen sozialen und ökologischen Werten ist, die uns vor dem Hintergrund des Klimawandels als engagierte und mündige Konsumenten abverlangt werden, dann stehen uns noch turbulente Diskussionen bevor.
WOLF-DIETRICH HUTTER, Berlin