: Freude über Spielgewinn
AUKTION Vor vierzig Jahren auf Andy Warhol zu setzen hat sich für den Kasinobetreiber Westspiel gelohnt. Und für das Land NRW
VON ANJA KRÜGER
Nur zehn Minuten dauerte es, dann waren die Kunstwerke weg. In der Nacht zum Donnerstag sind die zwei Warhol-Siebdrucke „Triple Elvis“ von 1963 und „Four Marlons“ von 1966 aus der landeseigenen Aachener Spielbank vom New Yorker Auktionshaus Christie’s für zusammen 151,5 Millionen Dollar (121 Millionen Euro) versteigert worden. Wer die Bilder ersteigert hat, blieb zunächst unbekannt. Die neuen Eigentümer werden die Siebdrucke an ein Museum ausleihen, teilte das Auktionshaus Christie’s mit. Damit werden sie anders als bisher für ein interessiertes Publikum zu sehen sein.
Als habe er auf die harsche Kritik an der Versteigerung Rücksicht nehmen wollen, nannte der Auktionator vor der Versteigerung den Verkäufer nicht. Der Kasino-Betreiber Westspiel, ein Tochterunternehmen der landeseigenen NRW.Bank, hat die Bilder auf den Markt geworfen, um sich zu sanieren. Nach zehn Minuten waren zuerst „Triple Elvis“ für 73 Millionen Dollar, dann die „Four Marlons“ für 62 Millionen Euro unter dem Hammer. Für beide Werke kommen zum Kaufpreis noch saftige Zuschläge für das Auktionshaus. „Triple Elvis“ zeigt einen dreifachen überlagerten Elvis Presley in Cowboymontur mit Pistole im Anschlag, „Four Marlons“ Kopien eines Fotos von Marlon Brando in Ledermontur. Einer der Käufer bot über das Telefon, die Gebote des Zweiten kamen aus dem Saal. Bei einem der neuen Eigentümer soll es sich um eine Stiftung handeln.
Als die Aachener Spielbank die Warhol-Werke in den 1970er Jahren kaufte, waren sie nicht als Kapitalanlage gedacht – sondern als Wandschmuck zur Unterhaltung der schillernden Gäste aus Schickeria und Unterwelt. Gelohnt hat sich das im Rückblick allemal: 183.00 Mark und 205.000 Mark zahlte die Spielbank für die Bilder. Seit 2009 waren die Kunstwerke aus Sicherheitsgründen eingelagert und für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.
Ein Teil des Erlöses fließt in die Sanierung des Unternehmens Westspiel, ein Teil wird zum Bau eines neuen Spielkasinos in Köln verwendet. Der Gewinn, der über die Summe von 80,6 Millionen Euro hinausgeht, fließt in die nordrhein-westfälische Landeskasse. Das Geld wandere in den Globalhaushalt, sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) nach der Versteigerung. Was genau damit geschehe, sei noch unklar. „Wir werden auch über Kunst reden“, versprach er. In der Kulturszene hatte der Verkauf zu Sanierungszwecken einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Seit Wochen schlagen die Wogen hoch. „Weder Künstler beschweren sich noch Galeristen“, sagte der Finanzminister. Es sei eine „bestimmte Kritikerzunft“, die sich empöre.
26 Museumschefs aus ganz Deutschlands hatten in einem Brandbrief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft vor einem „Tabubruch“ gewarnt. Die Bundesregierung, die Kulturstiftung der Länder, der deutsche und der NRW-Kulturrat und die Kunstmuseen in NRW kritisieren den Verkauf scharf. „Schlichtweg unanständig“ findet Bundeskulturstaatssekretärin Monika Grütters den Verkauf der Warhol-Bilder. Kunstwerke seien keine Spekulationsobjekte. „Sie gehören in die Obhut des Staates und nicht unter den Hammer“, sagte sie.
Der Fraktionschef der grünen Landtagsfraktion Reiner Priggen begrüßte den Verkauf. „Das ist ein Ergebnis, das die Erwartungen erfüllt hat“, sagte er. Die Debatte um die beiden Kunstwerke werde in Teilen unredlich geführt. Es sei falsch zu behaupten, die Spielbank würde sich mit Steuergeldern sanieren. Richtig sei vielmehr, dass Westspiel die Kunstwerke mit selbst erwirtschaftetem Geld angeschafft hat. „Deshalb hat sie auch das Recht, die Werke zu verkaufen und aus dem Erlös zu investieren“, sagte Priggen.
Kritiker fürchten, dass die Versteigerung der Warhols der Einstieg in einen groß angelegten Verkauf der im Landesbesitz befindlichen Kunst ist. NRW ist hoch verschuldet, der Finanzminister hat eine Haushaltssperre verhängt. „Das Land wird aus seinen Museen nichts verkaufen“, sagte Finanzminister Walter-Borjans. Aber bevor landeseigene Unternehmen nach Steuergeldern riefen, müssten sie schauen, wie sie sich mit eigenem Vermögen helfen könnten. Walter-Borjans will nicht ausschließen, dass es zu weiteren Kunstverkäufen aus landeseigenen Unternehmen kommen wird.
Landeskulturministerin Ute Schäfer (SPD) hatte im März von der NRW.Bank eine Liste mit sämtlichen Kunstwerken in Landesbesitz angefordert, die sie vor Kurzem erhalten haben soll. Die Liste ist vertraulich. Was mit den Werken geschieht, will die Ministerin bei einem Runden Tisch unter Einbeziehung von Kulturexperten beraten.