Imker bangen um ihren reinen Honig

Bundesagrarminister Horst Seehofer will Genpflanzen in Deutschland fördern – das gibt Probleme im Bienenstock: Den Tieren kann nicht vorgeschrieben werden, Genpflanzen zu meiden. Die meisten Konsumenten wollen aber kein Gen-Essen

VON HANNA GERSMANN

Walter Haefeker ist Imker und eigentlich ein unaufgeregter Mann. Doch nun schlägt der Bayer Alarm, er bangt um seine Bienen. Jahrelang machten ihnen Ackergifte zu schaffen, dann Milben, jetzt fürchtet Haefeker eine neue Gefahr: Genpflanzen.

Das Bienensterben in den USA macht dem Imker Angst. Dort sind in den vergangen Monaten fast sechzig Prozent der Bienenvölker verschwunden. Zugleich sind vierzig Prozent der dort wachsenden Maispflanzen aus dem Genlabor. Genpflanzen ein Bienenkiller? Haefeker vermutet: „Ja“. Das Problem: Bienen sammeln Nektar von mehreren Millionen Blüten, um ihn in ein Kilo Honig zu verwandeln. Sie fliegen bis zu zehn Kilometer weit. „Wir können den Bienen nicht vorschreiben, Genpflanzen zu meiden“, sagt Haefeker.

Er hat sich kundig gemacht, zitiert aus wissenschaftlichen Analysen, redet vom sensiblen Bienenmagen. Denn: Dem Genmais, der hierzulande wächst, ist zumeist das Erbgut des Bacillus thuringiensis eingesetzt. Es versetzt die Pflanze in die Lage, ein Insektengift zu produzieren. Dieses, so erklärt Haefeker, perforiere die Darmwand – nicht nur vom Feind, sondern auch von der Honigbiene. Als Vorstand des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes, der Haefker ist, erzählt er, wie er über die Risiken auch schon mit dem Bundesagrarminister Horst Seehofer gesprochen hat.

Der CSU-Politiker habe die Bienen im neuen Gentechnikgesetz dann aber trotzdem fast vergessen. „Biene“ – das Wort kommt im Gesetzentwurf einmal vor. Der Imker konnte Seehofer nicht umstimmen. Der Minister ist angetreten, um mehr Genpflanzen auf den Acker zu bringen. Die strikten Vorgaben für Genbauern aus rot-grünen Zeiten sollen abgelöst werden.

Zwar hat Seehofer vor kurzem selbst eingeräumt, dass Genmais für Insekten eine Gefahr darstellt. Die Novelle des Gentechnikgesetzes soll aber vom Kabinett noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.

Dem Honig sieht man auf den ersten Blick nicht an, ob er auf einem Genacker gesammelt wurde oder nicht. Die Spuren fremder Erbsubstanz lassen sich nur im Blütenstaub nachweisen, den die Biene mitschleppt, wenn sie den Nektar saugt. Die Fahndung ist aufwändig – und teuer: Eine genaue Analyse einer Probe kostet Imker bis zu 400 Euro.

Honig gilt als tierisches Produkt. Der Gentechnikgehalt ist damit nicht kennzeichnungspflichtig. Finden Warentester aber einmal Spuren, bekommt der Honig ein Imageproblem: Das Gros der Verbraucher lehnt die Gentechnik ab. Die Firma Langnese nimmt schon heute keinen Honig mehr aus Kanada, weil dort Genraps wächst.

Ließe sich der Pollen und damit das fremde Erbmaterial aus dem Honig herausschleudern? „Nein“, sagt Haefeker, „der Honig müsste dazu stark erhitzt und mikrofiltriert werden.“ Das ist in den USA erlaubt, nach EU-Recht nicht. Anhand der Pollen lassen sich Herkunft und Zusammensetzung des Honigs erkennen – und damit seine Qualität.

Haefeker und seine Kollegen wollen nun mit Klagen für reinen Honig sorgen. Sie hatten bereits einen ersten Erfolg: Der Freistaat Bayern hat in der Nähe einer Imkerei einen Genmaisacker. Das Verwaltungsgericht in Augsburg urteilte, der Honig sei wegen Genkontamination nicht mehr verbrauchsfähig. Der Freistaat müsse die Pollenrispen während der Blüte regelmäßig kappen oder auf den Anbau verzichten.