Quadratur des Laibes

HEIMAT Das Brot gilt nicht als originärer Berliner. Dabei gibt es hier einige Regionalmeister

Die Berliner haben mit der Schrippe zwar ein eigenes Wort fürs Brötchen. Es ist aber nicht nur schwer, überzeugende Originale zu finden, sondern auch deren Herkunft nachzuverfolgen (siehe Artikel oben auf der nebenstehenden Seite). Obwohl die Berliner kein eigenen Wort für Brot haben, gibt es in der Hauptstadt aber eine Reihe von Bäckereien, die stolz auf sehr konkrete (sowie mehr oder minder nahe gelegene) Herkunftsorte ihrer Laibe verweisen.

Die Vollkornbäckerei Weichhardt etwa bezieht ihr Getreide seit über 35 Jahren von Demeter-Höfen, gemahlen wird auf drei Natursteinmühlen aus den Sextener Dolomiten. Die Vollkornbäckerei Mehlwurm benennt nicht nur ihre Bauern, sondern listet auch auf, woher sie ihre Mehle und Backzutaten bezieht (aus dem Wendland, dem Spreewald und Berlin). So richtig regional wird es mit „Windstärke 4“, einem Brot der Neuköllner, dessen Mehl bei ebendieser Windstärke in der Britzer Mühle gemahlen wurde.

Die Berliner Biobäcker wildern mit ihren regionalen Zutaten auch im vermeintlichen Mainstream. Beumer & Lutum verkauft seit diesem Sommer ein Toastbrot aus Dinkel: ein regionales Produkt, das in Handarbeit und mit Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau hergestellt wird. Damit können nun auch Lokalpatrioten mit kulinarischem Anspruch offen zum Kastenbrot greifen – und toasten.

Nachdem sich selbst der Toast mit US-amerikanischem Migrationshintergund als Berliner bezeichnen darf, wird sich auch der Kampf Schrippe vs. Semmel bald erübrigen. Denn bei aller Freude am Regionalen hat die Berliner Backkultur auch den zugereisten Schwaben, Bayern und Österreichern viel zu verdanken.