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Archiv-Artikel

Umweltschutz allein reicht nicht

Skandinavische Beispiele zeigen: Die Förderung von Ökoautos muss so gestaltet sein, dass man wenig Benzinverbrauch und Sicherheit zugleich belohnt

DURCHGEFALLEN

Der Audi A3 1.9 TDI E-power hat hat zwar ESP, Sicherheitsgurtwarnung und Whiplash-Schutz, fällt aber im Test dennoch durch. Beim Crashtest erreicht er nur 4 von 5 möglichen Sternen. Der VW Polo BlueMotion scheitert gleich mehrfach. Nur vier Sterne im Crashtest, an keinem Platz Alarm bei nicht angelegten Sicherheitsgurten und keinen anerkannten Whiplash-Schutz. Der Polo verbuchte nur einen positiven Punkt: das ESP. Die verschiedenen Modelle des Citroën C1 und C3 haben zwar einen Whiplash-Schutz, aber kein ESP und ebenfalls nur vier Crashteststerne. Allein der C4 erhält die Bewertung O.K. Der Smart Forttwo erfüllte alle Sicherheitskriterien, kommt aber nur auf drei Chrashteststerne. Der KIA Picanto ECO fiel bei allen Sicherheitskriterien durch und schnitt in dem schwedischen Test am schlechtesten von allen Autos ab. Der Honda Civic Hybrid oder der VW Caddy 2.0 Eco Bifuel wurden noch nicht getestet

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Verliert die Verkehrssicherheit, wenn die Umwelt gewinnt? Die Frage stellt eine neue schwedische Untersuchung über das Sicherheitsniveau von „Ökoautos“. Konkret geht es dabei um die Pkws, deren Kauf die Regierung in Stockholm seit April diesen Jahres mit einem Geschenk von 10.000 Kronen (1.050 Euro) fördert. Und für die ein maximaler Kohlendioxidausstoß von 120 g/km die Obergrenze ist. Die 37 Modelle, welche dieses Kriterium erfüllen, sind auch auf dem deutschen Markt gängige Fahrzeuge.

18 von ihnen, also jedes zweite, bekommen nun in einer Untersuchung der nationalen Verkehrssicherheitsvereinigung NTF („Nationalföreningen för Trafiksäkerhetens Främjande“) das Etikett „nicht akzeptables Sicherheitsniveau“ verpasst. Unter anderem handelt es sich um die Modelle Audi A3 1.9 TDI E-power, Citroën C1 und C3, VW Polo BlueMotion, Fiat Punto BiPower und Ford Focus C-MAX Flexifuel.

Geprüft wurden das elektronische Antischleudersystem ESP, der sogenannte Whiplashschutz, der Sicherheit bei Auffahrunfällen bieten soll, sowie Signale für angelegte Sicherheitsgurte. In die Bewertung einbezogen wurden die Ergebnisse des europaweit bei allen Fahrzeugen durchgeführten Crashtest Euro NCAP. Hier schneidet vor allem der Smart, der nur drei von fünf möglichen Sternen erhielt, schlecht ab.

Dass ein guter Kollisionsschutz zulasten der Größe und des Gewichts eines Autos gehen kann und es damit schwerer ist, diesen mit einem sparsamen Motor zu kombinieren, kommt für NTF, das von seinen Mitgliedsorganisationen wie Automobilklubs, den Gewerkschaften, dem Roten Kreuz und Versicherungsgesellschaften finanziert wird, dabei nicht überraschend.

Doch wird ausdrücklich bemängelt, dass viele Modelle unter Sicherheitsgesichtspunkten auch deshalb ausgesiebt werden mussten, weil sie nicht mit elektronischen Antischleudersystemen, akustischen oder optischen Sicherheitsgurtwarnern oder einer ausreichenden Zahl von Airbags ausgestattet waren. Elektronik und Ausrüstung also, die keinen Einfluss auf das Gewicht, sondern auf den Preis haben. „Warum die Hersteller bei Ökoautos an der Sicherheit sparen, ist für mich unverständlich“, kritisiert NTF-Chef Björn Eriksson.

So seien in modernen Autos 60 bis 80 Prozent aller Schäden, die zu Invalidität führten, solche der Whiplash-Art: Verletzungen der Weichteile im Bereich der Halswirbelsäule, die meist durch plötzliche Beugung und Überstreckung verursacht und oft Folge eines Auffahrunfalls sind. Mittlerweile gebe es effektiven Schutz, das Risiko solcher Verletzungen zu halbieren. „Es wäre nicht mehr als recht und billig“, so Eriksson, „Autos, die gegen die häufigste invalidisierende Ursache schützen, zu prämieren.“

Den Kauf von Ökoautos mit zweifelhafter Sicherheit zu fördern, halte NTF für einen falschen Weg. Denn diese Autos würden die nächsten 10 bis 15 Jahre nicht nur Einfluss auf die Umwelt, sondern eben auch auf die Verkehrssicherheit haben. Positiv sei das Beispiel Dänemark, das den Kauf von Autos mit ESP subventioniere, mit der Folge, dass dort der Anteil von Neuautos mit ESP jetzt der weltweit höchste sei. Kopenhagen belohne auch den Kauf von Autos, die beim Euro-NCAP-Crashtest fünf Sterne erhalten hätten, mit umgerechnet immerhin 550 Euro.

So sei eine Umweltprämie zwar ein guter Gedanke. Doch der Gesetzgeber sei aufzufordern, die Fördermechanismen und das Kfz-Steuer-System insgesamt so auszugestalten, dass Umweltfreundlichkeit und Sicherheit gleichermaßen belohnt werden. Damit könne man die Hersteller veranlassen, nicht einseitig bei einem Kriterium zu sparen.

Schwedens Umweltminister Andreas Carlgren verteidigt das jetzige Subventionsmodell, das auf das Umweltkriterium setzt, als das unter gegebenen Umständen einzig realisierbare. Man habe hier eine Entwicklung erst einmal anschieben wollen und nach Ablauf des jetzigen bis 2009 laufenden Modells könne man sicher auch über Verbesserungen reden. Grundsätzlich würde seiner Meinung nach aber ein Einschluss des Verkehrssicherheitskriteriums einseitig größere Pkw-Modelle bevorzugen. Tatsächlich landeten vor allem die größten und teuersten Ökoautos auf der Positivliste des NTF, so verschiedene Saab- und Volvo-Modelle, der VW Touran 2.0 Eco Bifuel und der Toyota Prius HSD. Aber eben auch die kleineren Opel Zafira 1.6 CNG, der Ford Focus 1.8 Flexifuel Ambiente und der Mini Cooper D.

„Man kann also durchaus sowohl verkehrssichere wie umweltfreundliche Kleinwagen finden“, betont Anders Ydenius, Experte für Verkehrssicherheit der Versicherungsgesellschaft „Folksam“. Und er hofft, die Entwicklung, dass Ökoautos auch verkehrssicherer werden, werde anhalten: 2006 hatten es nämlich nur acht von ihnen in die beste Sicherheitsstufe geschafft, diesmal schon mehr als doppelt so viel.