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Archiv-Artikel

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Anina hat ein Problem: Ihr Name Anina Yatay Salas ist ein Palindrom, jeder einzelne Teil ihres Namens lässt sich vorwärts wie rückwärts lesen. Die Eltern fanden das lustig, Anina eher nicht. Denn die Zehnjährige wird damit von den Klassenkameraden aufgezogen. Als es deshalb zu einer Rauferei mit einer Mitschülerin kommt, übergibt die Schulrektorin den beiden Kontrahentinnen jeweils einen schwarzen Briefumschlag, den sie erst in einer Woche öffnen dürfen. Was mag der enthalten? Die Neugier der Mädchen wächst und wächst – und in gewisser Weise werden die beiden zu Schicksalsgenossinnen. Für den Zuschauer des schönen, in stilisierter Handzeichnung entstandenen Animationsfilms des Uruguayer Regisseurs Alfredo Soderguit wird dabei schnell klar, dass dies genau die Absicht der Rektorin war: Der Inhalt des Briefes spielt eigentlich keine Rolle, der Weg ist das Ziel. Das ist sowohl lustig als auch praktisch-philosophisch: Eine Woche lang haben die Mädchen Zeit, sich Gedanken über ihr Verhalten und die Welt zu machen. „Anina“ läuft in der Reihe „Cine en español“, die das Babylon Mitte in den kommenden Wochen in Zusammenarbeit mit dem Filmverleih Cine Global und dem Instituto Cervantes Berlin veranstaltet (OmU, 24. 11., Babylon Mitte).

Seinen einzigen 3-D-Film drehte Alfred Hitchcock als Adaption eines Bühnenstückes in nur wenigen Kulissen: „Dial M for Murder“ (1954) erzählt, wie ein abgehalfterter Tennischampion (Ray Milland) versucht, mit einem ausgeklügelten Plan seine Frau (Grace Kelly) zu beseitigen, und sich auch nicht aufhalten lässt, als der gedungene Killer alsbald selbst tot auf dem Teppich liegt. Der Moment, in dem Kelly schon halb erwürgt nach einer Schere tastet, um sich des Mörders zu erwehren, und ihre Hand dabei aus dem Bild zu ragen scheint, ist sicher der spektakulärste 3-D-Effekt im Film. Doch auch Hitchcocks Rauminszenierung und Farbdramaturgie, die mit immer dunkleren Farben die Hoffnungslosigkeit der Figur Kellys betont, sind mehr als einen Blick wert (OF, 23. 11., Filmmuseum Potsdam).

Einen archetypischen Old-Dark-House-Thriller drehte Paul Leni 1927 mit „The Cat and the Canary“: Da müssen sich die Verwandten eines exzentrischen Millionärs in dessen Spukschloss einfinden, um einer mitternächtlichen Testamentseröffnung beizuwohnen. Und in deren Folge wird nichts unversucht bleiben, um die überraschte Haupterbin in den Wahnsinn zu treiben. Mit dramatischen Licht- und Schatteneffekten erzeugt Leni auf endlosen Korridoren und Geheimgängen eine Atmosphäre der Angst: Da bibbern in der Nacht von Samstag auf Sonntag beim Stummfilm um Mitternacht sogar die Zwischentitel (22., 23. 11., Babylon Mitte).