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Archiv-Artikel

Hochschulen drehen am Rat

Nach dem Fall Gertrud Höhler wächst die Unsicherheit an den Hochschulen, wie die neuen Hochschulräte besetzt werden sollen. Die Opposition befürchtet Kungelei an den Hochschulen

VON DIRK ECKERT

Mit dem Skandal um Gertrud Höhler lebt der Streit um die neuen Hochschulräte in Nordrhein-Westfalen wieder auf. „Aufgrund der Erfahrungen in Paderborn werden wir die Kandidaten gut prüfen“, sagte ein Uni-Sprecher der taz. An den meisten Unis und FHs steht die Besetzung des Hochschulrates – künftig das mächtigste Gremium einer Hochschule, das wie ein Aufsichtsrat das „Unternehmen Hochschule“ kontrolliert – spätestens im Wintersemester an. Mögliche Kandidaten? Namen werden jetzt erst recht keine genannt. „Die wären sonst sofort verbrannt“, fürchtet ein Uni-Sprecher.

Kürzlich war bekannt geworden, dass die frühere Kohl-Beraterin Gertrud Höhler, die im neuen Hochschulrat der Uni Paderborn sitzt, Büroräume im sächsischen Zwickau an die NPD vermietet hat. Sowohl die Uni als auch Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) gingen schnell auf Distanz zu Höhler. Aber loswerden können sie die Politikberaterin auch nicht: Höhler hält unbeirrt an ihrem Sitz im Hochschulrat fest. Laut Gesetz werden Mitglieder von Hochschulräten für fünf Jahre ernannt. Wer einmal vom Wissenschaftsminister seine Bestellungsurkunde bekommen hat, untersteht also im Prinzip keiner Kontrolle mehr.

Nach Auffasung der Opposition eine glatte Fehlkonstruktion. „Das Hochschulfreiheitsgesetz hat sich nicht bewährt“, kritisiert Ruth Seidl, wissenschaftspolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion. „Schon bei der ersten Bewährungsprobe durchgefallen“, urteilt die Paderborner SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Berg. Statt Freiheit herrsche jetzt „Kungelei“ an den Hochschulen. „Selbst bei Aufsichtsräten der Wirtschaft können Mitglieder jederzeit abberufen werden.“ Das Land müsse mehr Einfluss bekommen, fordert die Grüne Seidl: „Die Hochschulräte müssen dringend reformiert werden.“

Davon will Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) jedoch nichts wissen. Die Hochschulen seien in die Eigenständigkeit entlassen worden, argumentiert sein Sprecher André Zimmermann. „Wenn man eigenständige Hochschulen will, muss man sich solchen Diskussion stellen und sie aushalten.“

Somit kann Höhler so lange weitermachen, wie ihre Amtszeit dauert. Nur in Ausnahmefällen könnte Pinkwart noch eingreifen: Etwa, wenn sie ihre Pflichten als Hochschulratsmitglied verletzen würde. Doch im Wissenschaftsministerium geht man davon aus, dass das Vermieten von Büroräumen an NPD-Abgeordnete zwar politisch verwerflich, aber nicht justiziabel ist.

Die Unis und Fachhochschulen des Landes wollen sich lieber gar nicht zum Fall Höhler äußern. „Das ist Sache der Paderborner“, heißt es fast gleichlautend diplomatisch in vielen Hochschulen.