piwik no script img

Archiv-Artikel

zehn jahre taz-geschichte in nordrhein-westfalen – die serie. folge 9: 2005 – nrw wird gerettet Zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig

Schon zu Jahresbeginn werfen große Ereignisse ihre Schatten voraus: Die SPD versinkt im Umfragetief, ein Machtwechsel bei den anstehenden Landtagswahlen zeichnet sich ab – und die taz nrw rutscht in die erste Krise. Zwar hat die Regionalausgabe im ersten Jahr ihres täglichen Erscheinens 1.100 neue Abonnenten geworben – und damit das von der Geschäftsführung vorgegebene Ziel erreicht. Das Geld wird trotzdem knapp, denn die taz Entwicklungs KG, zu der die taz nrw gehört, hat nicht genug Kapitalgeber gefunden.

Was tun? Am 5. März verkündet Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch in der taz nrw: Bis zum 30. Juni braucht die Zeitung 1.000 neue Abonnenten, sonst „steht die Existenz dieses Engagements für NRW auf dem Spiel“. Und so beginnt zeitgleich mit dem Wahlkampf-Endspurt zwischen Ministerpräsident „SuPeer“ Steinbrück und seinem Herausforderer Jürgen Rüttgers die erste NRW-Abo-Bettelaktion – Motto: NRW retten, taz abonnieren.

Am Ende reicht es nicht ganz: Für CDU und FDP zwar schon, aber die taz nrw hat nur 650 neue Abonnenten gewonnen – das ist zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Geschäftsführung und Aufsichtsrat entscheiden am 30. Juni, dass die je zwei lokalen Seiten „ruhr“ und „köln“ sofort eingestellt, der Standort Bochum geschlossen und ab November vier Seiten NRW komplett in Köln produziert werden sollen. Außerdem sollen fünf Stellen eingespart werden. Das alles erfahren die Redakteure aus der Zeitung: Die Berliner Chefs haben sich nicht getraut, in Köln und Bochum anzurufen und den Mitarbeitern die traurige Nachricht zu verkünden.

Und die sind entsetzt, besonders in Bochum: Keiner der „Ruhris“ kann sich vorstellen, demnächst an den Rhein zu ziehen oder täglich nach Köln zu pendeln. Es gibt Zank zwischen Köln und Bochum, wer was wo machen darf oder soll, die Laune ist auf dem Tiefpunkt. Da kommt Chefredakteurin Bascha Mika auf die rettende Idee: eine gemeinsame Redaktion in Düsseldorf.

Mitte Dezember ist es so weit: Die Redaktionsräume in der Landeshauptstadt werden bezogen. Eine neue Zeit für die taz nrw beginnt. SUSANNE GANNOTT