Off-Kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Zum mittlerweile zehnten Todestag von Robert Mitchum präsentiert das Eiszeit-Kino eine kleine Hommage an den großen Schauspieler, der seine Karriere in den frühen 1940er-Jahren startete. Bekannt ist Mitchum ja vor allem als cooler „tough guy“, als Markenzeichen dienten ihm eine irgendwie schläfrige Ausstrahlung und sein mit ungeheurem Fatalismus durchtränkter Zynismus. So auch in Jacques Tourneurs Film noir „Out of the Past“ (1947), wo er als Privatdetektiv bedächtig und sehenden Auges in ein Netz von Intrigen läuft, das von eiskalten Geschäftsleuten, sanften Killern und der ausschließlich auf ihren Vorteil bedachten Lügnerin Kathy (Jane Greer) gewoben wird. Eine ähnliche Rolle verkörperte der Mime fast 30 Jahre später noch einmal in Dick Clements noir-inspirierter Chandler-Verfilmung „Farewell, My Lovely“ (1975) als Privatdetektiv Philip Marlowe. In der gleichen Liga spielt auch „Angel Face“ (1952), eines jener Melodramen von Otto Preminger, in dem sich die Männer einmal mehr falsche Vorstellungen von den Frauen machen. Als verliebter Chauffeur wird Mitchum in die Intrigen der verwöhnten und verdorbenen Diane (Jean Simmons) verwickelt und letztlich von ihr mit in den Tod gerissen. Einer eher ungewöhnliche Rolle spielt Mitchum dagegen in „The Night of the Hunter“ (1955), einem Meisterwerk der schwarzen Poesie von Charles Laughton: Hier schuldet er seinen Erfolg als psychopathischer Prediger vor allem seiner Beredsamkeit. Um an das Geld eines ehemaligen Zellengenossen heranzukommen, beschwatzt, heiratet und ermordet er zunächst dessen Witwe und terrorisiert anschließend die beiden Kinder, die sich vor ihm in eine bizarre Fluss- und Märchenlandschaft flüchten. Doch Mitchums drohende Präsenz und sein kraftvoller Gesang während der bedächtigen Verfolgung lassen die unausweichliche Konfrontation erahnen.
Zur gleichen Zeit drehte Robert Aldrich seinen späten Film noir „Kiss Me Deadly“, eine Mickey-Spillane-Verfilmung, in der Ralph Meeker als egomanischer Detektiv Mike Hammer und eine Reihe anderer Leute hinter einem glühenden Atomball in einem kleinen Koffer herjagen. Der Film diente erkennbar als Vorbild von Genre-Reflexionen und Zitaten à la Jean-Luc Godard: Der ziemlich dämliche Hammer bekommt es hier nämlich nicht nur mit Gangstern zu tun, sondern auch mit moderner Kunst, Lyrik und Caruso-Schallplatten.
Stummfilmraritäten (live begleitet vom Deutschen Filmorchester Babelsberg) bietet hingegen die Komische Oper: Unter künstlerischer Federführung der exzentrischen russischen Schauspielerin Alla Nazimova entstand 1923 in den USA eine Verfilmung von Oscar Wildes „Salome“, bei der die nicht minder exaltierte Designerin und zeitweilige Valentino-Gattin Natacha Rambova die Jugendstildekorationen und -kostüme ganz im Stile des britischen Zeichners Aubrey Beardsley gehalten hat. In der italienischen Produktion „Rapsodia Satanica“ sieht man hingegen Lydia Borelli, wie sie als alternde Aristokratin einen Pakt mit dem Teufel abschließt, um ewig jung zu bleiben. LARS PENNING