: Eine Reihe von Optionen
EURO-RETTUNG Die Eurozone plant ein neues Rettungspaket für Griechenland und kalkuliert dabei eine Pleite mit ein
AUS BRÜSSEL GERT STUBY
Die Zukunft der europäischen Währungsunion ist weiter offen. Auch wenn sich am Donnerstag beim Euro-Krisengipfel eine Einigung auf neue Hilfen für Griechenland am späten Nachmittag abzeichnete. Wie von Bundeskanzlerin Angela Merkel gefordert, sollen private Banken und Versicherungen an einem neuen, bis zu 120 Milliarden Euro schweren Rettungsplan für das überschuldete Land beteiligt werden. Mit dieser Lösung nehmen die 17 Euro-Länder aber eine Pleite Griechenlands in Kauf. Dies könnte zu neuen Turbulenzen an den Finanzmärkten und zu einer Ausweitung der Krise führen.
Merkel setzt sich seit Wochen für eine „substanzielle“ Beteiligung des privaten Sektors an der Rettung Griechenlands ein, um die Euro-Kritiker in ihren eigenen Reihen ruhigzustellen. Frankreich und die Europäische Zentralbank (EZB) hatten sich bis zuletzt dagegen gewehrt, weil eine Verpflichtung zur Hilfe von den Märkten als Default (Zahlungsausfall) gewertet werden könnte.
Doch nach einer siebenstündigen Krisensitzung im Bundeskanzleramt am Mittwochabend hatten Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und EZB-Chef Jean-Claude Trichet ihren Widerstand aufgegeben. Noch vor Beginn des Euro-Gipfels zog Sarkozy auch seinen Vorschlag für eine Bankenabgabe zurück. Sie sollte bis zu 50 Milliarden Euro einbringen, stieß jedoch auf Widerstand vor allem der deutschen Geldinstitute.
Zum ersten Mal waren bei einem EU-Gipfel Vertreter von Banken, wie der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und der Chef der französischen BNP Paribas, Baudouin Prot, als Berater geladen. Die Lösung, über die die Euro-Chefs gestern diskutierten, läuft auf ein riskantes Vabanquespiel hinaus. Mehrere große Rating-Agenturen haben bereits angekündigt, dass sie Griechenland bei einer Beteiligung der Banken für zahlungsunfähig erklären würden.
Zwar drohe nur ein „teilweiser“ oder auf wenige Stunden „befristeter“ Zahlungsausfall, hieß es beim Krisengipfel in Brüssel. Doch auch das könnte schon reichen, um die Märkte zu verunsichern und die Spekulation gegen den Euro anzuheizen. Zuletzt hatten sich amerikanische Hedgefonds auf Italien eingeschossen.
Laut dpa geht aus dem Entwurf für die Abschlusserklärung hervor, dass der „Finanzsektor seine Bereitschaft erklärt, Griechenland auf einer freiwilligen Basis mit einer Reihe von Optionen zu unterstützen“. Auf dem Gipfel kam es zum Streit über die Höhe der Beteiligung. Finnland und die Niederlande forderten, konkrete Zahlen zu nennen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters war von 17 Milliarden Euro die Rede.
Diskussionen gab es auch über die Frage, in welcher Form die Banken zur Rettung Griechenlands beitragen sollen. Merkel, Sarkozy und die anderen Euro-Chefs berieten über mehrere Modelle, bei denen die Geldinstitute ihre griechischen Staatsanleihen gegen neue Papiere tauschen. Dabei würden sie schlechtere Konditionen eingehen – etwa längere Laufzeiten von bis zu dreißig Jahren – und so zur Entlastung Griechenlands beitragen. Keine Mehrheit fanden Forderungen nach einem radikalen Umbau der Währungsunion. Die 17 Euro-Chefs konnten sich weder auf gemeinsame Anleihen („Euro-Bonds“) noch auf neue Institutionen wie ein EU-Finanzministerium einigen. Für die Euro-Bonds hatten sich zuletzt SPD, Grüne und prominente Europapaolitiker wie der frühere EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti ausgesprochen. Ein Finanzministerium hatte EZB-Chef Trichet ins Gespräch gebracht.
Deutschland blockte diese Vorschläge ab. Man plane keine großen Schritte, hatte Merkel bereits vor dem Gipfel erklärt. Allerdings zeichnete sich gestern ein wichtiges Zugeständnis ab: Der Euro-Rettungsfonds EFSF soll die Möglichkeit erhalten, Anleihen aus Krisenstaaten zu kaufen. Damit könnte er nicht nur Griechenland stützen, sondern auch andere angeschlagene Länder wie Portugal und Irland.
Für größere Befugnisse des Rettungsfonds hatte sich vor allem Frankreich stark gemacht. Langfristig könnte sich der Fonds zu einer Art Europäischem Währungsfonds entwickeln oder sogar die umstrittenen Euro-Bonds einführen – wenn auch durch die Hintertür.