: Ab in den Tresor
KOHLE Die Commerzbank erwägt, Negativzinsen einzuführen – und verängstigt auch den Kleinsparer. Muss Dagobert Ducks Kredo „Geiz ist geil“ umgeschrieben werden?
VON ULRIKE HERRMANN
Es gibt schlechte Nachrichten für Sparer, die viel Geld besitzen: Die Commerzbank erwägt, ab Dezember eine „Guthabengebühr“ einzuführen, wenn Großkunden hohe Summen parken wollen. Das ist eine rasante Kehrtwende. Noch vor zwei Wochen hatte die Commerzbank ausgeschlossen, jemals Strafzinsen zu erheben. Dieser Sinneswandel zeigt erneut: Es macht keinen Spaß mehr, wie Dagobert Duck im Geld zu baden – es wird zur Last.
Die Commerzbank ist bereits das zweite Institut, das mit Negativzinsen experimentieren will. Vor Kurzem sorgte die Skatbank aus Thüringen für bundesweite Aufmerksamkeit, weil bei ihr Negativzinsen von 0,25 Prozent anfallen sollen – wenn man mehr als 3 Millionen Euro deponiert. Über die Skatbank ließ sich noch lachen, denn die Minibank in Altenburg dürfte keinen einzigen Kunden haben, der über ein derart stattliches Finanzvermögen verfügt. Es war ein reiner PR-Gag. Aber die Commerzbank gehört zu den Trendsettern im Bankgeschäft.
Schließfach oder Tresor?
Bisher sollen die Negativzinsen nur bei Großkunden anfallen. Kleinsparer sind ausgenommen – machen sich aber trotzdem Sorgen. In Kneipen wird längst diskutiert, ob man sein Geld nicht besser abheben und unter die Matratze stopfen sollte. Dagobert lässt grüßen.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, wie immer gründlich, hat sich des Problems bereits angenommen, wie teuer ein heimischer Geldspeicher würde – und in der Branche der Tresorhersteller recherchiert. Als Ergebnis kam heraus, dass etwa 5.000 Euro nötig sind, um mit einer Luxusausstattung auch den fiesesten Einbrecher auszutricksen: „Für diesen Tresor brauchen selbst Experten zwei bis drei Tage, er ist zudem explosionssicher.“ Wer sein Eigenheim nicht zu einem Fort umrüsten will, kann es billiger haben: Kleine Schließfächer bei einer Bank gibt es ab 20 Euro im Jahr. Ist der Platzbedarf groß, kann aber eine Gebühr von mehreren hundert Euro anfallen – und nicht immer ist die Versicherung dabei.
Die Versicherungsfrage ist sowieso heikel: Wie will man nachweisen, dass man Bargeld hatte, wenn es erst einmal gestohlen ist? Es ist schwer zu belegen, dass man nicht stattdessen einen heimlichen Traumurlaub auf Hawaii verbracht hat.
Es mag albern wirken, über explosionssichere Tresore oder Versicherungen für Bargeld nachzudenken. Aber diese Überlegungen machen deutlich, wie wertvoll die Dienstleistung der Banken ist, überschüssiges Geld aufzubewahren.
Daraus folgt: Für die Banken ist es ungefährlich, Guthabengebühren von 0,25 Prozent zu erheben – weil diese Strafzinsen für die Kunden günstiger sind als der heimische Tresor. So ist nicht auszuschließen, dass bald alle Banken Negativzinsen einführen – und auch Kleinsparer nicht verschonen.
Viele Bankkunden wollen sich mit ihrer Machtlosigkeit nicht abfinden und kommen auf eine naheliegende Idee: Wenn sparen nichts bringt – warum nicht einen Kredit aufnehmen!? Schließlich sinken nicht nur die Zinsen für die Einlagen, sondern auch für Darlehen. Die Geldschwemme ist überall. Wer sich einmal in einem Immobilienportal registriert hat, wird jetzt permanent mit Angeboten bombardiert, die Hypothekarkredite schon für 1,7 Prozent und zehn Jahre offerieren. Da wirkt ein neues Häuschen wie geschenkt. Es scheint, als müsste die Geschichte des Dagobert Duck umgeschrieben werden: Nicht Geiz ist geil, sondern Schulden machen reich.
Doch das ist ein Irrtum. Leider. Geld ist jetzt zwar billig, aber dafür werden Häuser teuer. Der Immobilienmarkt in den Ballungsräumen ist leergefegt. Was man bei den Zinsen spart, wird beim Quadratmeterpreis wieder fällig. Bei Neubauten ist es nicht besser, denn die Baufirmen haben längst erkannt, wie gefragt ihre Branche ist – und die Preise ebenfalls hochgesetzt.
Dagobert Duck wäre heute Bauunternehmer, so viel steht fest. Für Normalbürger bleibt der uralte Tipp: Immobilien lohnen sich nur, wenn man sie auch bewohnen will.