: Merchandise statt Kunst
Christopher Reeve als „Übermensch“ und Adolf Hitler als „Deutsche Kämpferin“. Der US-Amerikaner Brian Hugh Warner darf seine Aquarelle in der Kölner Galerie Brigitte Schenk ausstellen
AUS KÖLN PETER ORTMANN
Bunte Bildchen hängen in der Galerie. Draußen stehen eine Benzin betriebene Pullman-Hollywoodschaukel für acht Personen und zahlreiche Musikfans. Der US-Amerikaner Brian Hugh Warner hat seine erste Ausstellung in Deutschland. Nichts an ihm ist authentisch, weder die Malerei, noch sein Name, noch seine Ausstrahlung. Marilyn Manson ist eine Reklametafel für sich selbst. Mehr nicht. Die Kölner Galerie Brigitte Schenk versucht seit gestern, teure Wasserfarben-Merchandise-Produkte des Musikers am internationalen Kunstmarkt zu lancieren.
Doch mit Kunst hat das nichts zu tun. Wer will schon eine handsignierte Absinthflasche für 300 Euro oder ein mittelmäßiges Aquarell für 70.000 Euro kaufen – und nur, weil das mechanical animal es mit seinem Pseudokünstlersignet versehen hat? Bestimmt kein seriöser Sammler. Auch Warner sieht sich selbst eher als Gesamtkunstwerk. Ihn könnte man vielleicht in eine Vitrine stellen. Voraussetzung: Man kann sich täglich ausreichende Mengen an Evian, 7Up und flüssigem Wermut leisten.
Schon die Eröffnung mitten in den Galerieferien ist ein Ärgernis mit Bodyguards, die die Galerietüren versperren, als gäbe es drinnen ein G8-Happening. Warner erscheint Stunden zu spät, die notwendige weiße Farbe im Gesicht musste wohl erneuert werden. Selbst der Stinkefinger für die Fotografen ist eher geplante Werbemaßnahme, denn Haltung. Das kommt also raus, wenn man einen VHS-Aquarellmalkurs, ein paar Flaschen Thujon-freien Absinth und eine große Packung Billigschminke durch einen Mixer jagt. Auf den angetrunkenen Karnevalsjeck, der glaubt auch Maler zu sein, fahren dann auch eher jüngere Musikfans ab, die seine Tour besucht haben, die natürlich rein zufällig zeitgleich stattfindet. Und die haben in den seltesten Fällen mal was von Egon Schiele oder Charles Baudelaire gehört, auf die sich der selbst ernannte Bürgerschreck von US-Amerika gern bezieht. Selbst der Titel seiner Ausstellung „Les Fleurs du Mal“ ist von Baudelaire geklaut.
Zu sehen sind 33 Aquarell-Arbeiten, meist absurde Portraits, aber auch Hollywoodschauspieler Christopher Reeve als „Übermensch“ mit fettem Grinsen im Gesicht. Dazu die „Deutsche Kämpferin“, wo Adolf Hitler mal als transsexuelles Wesen zu bestaunen ist. Deutschland und Berlin hätten ihn sehr inspiriert, weil Deutschland nicht Amerika sei, sagt er leise und nippt an der grünen Fee. „Keiner weiß, wo bei ihm die Ironie aufhört und das Spiel mit dem Bösen anfängt,“ sagt die Galeristin. In den Bildern geht es weiter um Syphilis und psychische Krankheiten. Zwei junge Damen versuchen es am Eröffnungsabend noch mit einer Porno-Performance, doch die Private-Bodyguards kennen kein Erbarmen und drängen sie zurück in den Nieselregen.
Wehmütig denken dort ein paar, inzwischen nasse, Kunstsammler an eine Ausstellung mit dem Kölner Maler Blalla W. Hallmann zurück. Nur ein paar Schritte weiter hat die in der ehemaligen Galerie Zwirner stattgefunden und ist immer noch unvergessen. Denn Hallmanns Arbeiten hatten genau die Boshaftigkeit, die Aquarellist Warner gerne in Anspruch nehmen möchte. Doch ohne das Markenzeichen „Marilyn Manson“ würde sich für die Arbeiten in Köln niemand interessieren, sind sich die Herren einig. Jeder andere Künstler hätte damit nie eine Ausstellung bekommen. Es falle ihm schwer, sich von seinen Werken zu trennen, sagt Brian Hugh Warner noch an diesem Abend. Da kann geholfen werden.
Bis 05. August 2007 Infos: 0221-9250901