ANDREAS FANIZADEH LEUCHTEN DER MENSCHHEIT : An einem Tag im September
Es gibt Leute, für die ist Reporter ein Traumberuf. Und es gibt Leute, für die ist es das Allergrößte, Spiegel-Reporter in New York zu sein. Alexander Osang ist so einer, der nach seinen Lehrjahren zum ersten deutschen Nachrichtenmagazin wechselte und ab 1999 aus den USA berichten durfte.
Doch dann kam der Morgen des 11. September 2001 und mit ihm die Löcher, die die Flugzeuge in die Türme des World Trade Centers schlugen. Über „Das Loch in der Welt“ schrieb Osang eine Reportage, die der Spiegel am 15. 9. 2001 veröffentlichte. Es war eine ergreifende Geschichte. Der Spiegel-Reporter machte damals alles richtig. Die Menschen flüchteten aus Manhattan und er versuchte so nahe wie möglich an den Anschlagsort heranzukommen. Viele Helfer, Polizisten, Ärzte und Feuerwehrleute starben an diesem Tag, auch den Spiegel-Reporter hätte es fast erwischt. „Von links und rechts kamen schwarze Wände aus Staub heran. Es war eine Falle, es gab keine richtigen Türen“, notierte Osang in seiner Reportage. 250 Meter von ihm entfernt war gerade der zweite Turm des World Trade Centers eingestürzt.
Über das Loch im Leben, das die damaligen Ereignisse hinterließen, schrieb Osang nun zusammen mit seiner Frau Anja Reich ein Buch („Wo warst du? Ein Septembertag in New York“, Piper 2011). Beide leben heute wieder in Berlin, Reich ist Journalistin bei der Berliner Zeitung. Sie nahmen den 11. September zum Anlass, um öffentlich sich und ihre Beziehung zu besprechen. Was machte Osang, was dachte Reich, als es geschah? Eine mittelprächtige Idee. Denn anders als ein Therapeut erfahren wir von den beiden nur den üblichen Mittelstandskäse mit all den üblichen Mann-Frau-Nachdenklichkeiten: Ist Spiegel-Reporter-Sein vielleicht gar kein Traumberuf und Frau-von-Spiegel-Reporter-Sein vielleicht auch nicht – aber braucht es dafür den 9/11 als Kulisse?
■ Andreas Fanizadeh leitet das Kulturressort der taz Foto: privat