Der wahre Jakob

Der Kabarettist Jürgen Becker betrachtet eine einstweilige Verfügung wegen Beleidigung Kardinal Meisners als Ehre

Für seinen Glauben in den Knast gehen werde er nicht, sagt der Kölner Kabarettist Jürgen Becker. Das Landgericht Köln hatte am Mittwoch eine einstweilige Verfügung gegen ihn erlassen: Bis zu sechs Monate Haft oder 250.000 Euro Strafe drohen dem Moderator der WDR-„Mitternachtsspitzen“ für den Fall, dass er Kardinal Joachim Meisner noch einmal als „Hassprediger“ bezeichnet. In einem Interview mit dem Kölner Express hatte Becker auf die Frage nach seiner Meinung zum geplanten Bau einer Moschee im Stadtteil Ehrenfeld gesagt, in Köln könne man keinen Moslem dazu ermuntern, Katholik zu werden. Schließlich bringe es nichts, von einem Hassprediger zum anderen zu wechseln. „Zum Thema Moscheebau habe ich im Gespräch aber auch gesagt, dass einer wie Meisner sein Pontifikalamt doch auch nicht in einer Reinigung abhalten würde“, so der 47-Jährige zur taz. Eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben, lehnt der letztjährige Träger des renommierten Kabarettpreises Prix Pantheon ab.

Im Grunde genommen hätten beide Seiten einen Teilerfolg verbucht, meint Becker. „Ich darf ja weiterhin behaupten, dass Meisner gutes Personal hat, aber als Manager eines solch großen Unternehmens eine Nulpe ist, der gerade mal zum Pförtner taugt.“ Das mit dem „Hassprediger“ habe er ein Mal gesagt, das müsse er ja nicht wiederholen. „Da halte ich es mit meiner 11-jährigen Tochter, die sagte: Ist doch prima, da musst du dir eben neue Worte einfallen lassen.“

Schon einmal hatte der Mitbegründer der ersten alternativen Kölner Karnevalssitzung Ärger mit dem Domchef. Als er Anfang der 90er Jahre in der „Stunksitzung“, deren Präsident er von 1984 bis 1995 war, Meisner als „Sakralstalinisten“ und „Arschloch“ titulierte, übertünchte der WDR das „Arschloch“ durch eine Funkstörung. „Das hatte damals kein juristisches Nachspiel. Denn durch das Arschloch ging der Sakralstalinist durch“, freut sich der Kabarettist und Buchautor noch heute diebisch.

„Ja, was glauben Sie denn?“ heißt das neue Soloprogramm des von der legendären Stunksitzung bekannten „Irokesen-Heinz“. Darin kriegen alle Religionen ihr Fett weg. Nichts und niemand sei ihm in Fragen der Religion heilig, hieß es bei der Verleihung des Prix Pantheon im Februar letzten Jahres. Wenn das Erzbistum Köln ihn, wie jetzt geschehen, wegen Beleidigung und Angriffs auf die Ehre des Kardinals belange, so Becker, „ist das für mich eine Ehre“. HENK RAIJER