: Ist Professx ein Fortschritt?
VOKABULAR Lann Hornscheidt lehrt Gender Studies und will nicht mit „Frau“ oder „Herr“ angesprochen werden – sondern mit „Professx“. Bloß ein Vorschlag für gendergerechte Sprache sollte das „x“ sein, sagt Hornscheidt. Trotzdem ist die Empörung groß
Die Streitfrage wird vorab online gestellt.
■ Immer ab Dienstagmittag. Wir wählen eine interessante Antwort aus und drucken sie dann in der taz.am wochenende. www.taz.de/streit oder www.facebook.com/taz.kommune
Redaktion: Imre Balzer, Sonja Esmailzadeh, Franziska Grillmeier, Annabelle Seubert Fotos: Alexander Fanslau; Anne Koch; Oliver Stern; Jan Totzek; privat (3)
Der Fortschritt wäre für mich: neue und kreative Sprachversuche von Personen zu respektieren, die sich nicht als Frauen und Männer verstehen. Ein interessierter und wertschätzender Umgang mit Vorschlägen, Diskriminierungen zur Sprache zu bringen und sie zu vermeiden, gestaltet die Welt positiver.
Lann Hornscheidt48, Professx für Gender Studies und Sprachanalyse an der Humboldt-Universität zu Berlin, entwickelte mit einer Arbeitsgruppe den Vorschlag für das „x“ in der Anrede
Nix gegen ein „x“. Solange es nicht zur moralisch verbindlichen Lösung für alle wird, weil man sich sonst an irgendwem versündigen könnte. Das wäre mir zu katholisch. Und wie fühlt sich eigentlich das „y“ bei alldem?
Christoph Busch68, verfasst Hörspiele und Drehbücher. Seit er 1981 einmal „HörerInnen“ schrieb, gilt er als Erfinder des Binnen-Is
Hallo Lann Hornscheidt, warum verzichten Sie (und andere) nicht auf den akademischen Titel und Grad? Vor- und Zuname sind in der Regel genug Material zur Identifikation einer Person.
Frank Heinze44, ist taz-Leser und hat die Streitfrage per E-Mail beantwortet
Wirklich nicht.
Günther Jauch58, hat schon eine Menge moderiert und seit drei Jahren eine Talkshow in der ARD, die heißt wie er
Sprache ist ein Herrschaftsinstrument. Sie definiert und hierarchisiert unsere Wirklichkeit. Professx ist ein Vorschlag, wie Sprache geschlechtergerechter gestaltet werden kann – kein Zwang, sondern eine Idee zur Veränderung.
Anne Wizorek32, Initiatorin der Twitter-Kampagne #aufschrei und Autorin des Sachbuchs „Weil ein #aufschrei nicht reicht – Für einen Feminismus von heute“
Alles, was zum Nachdenken über die Männersprache Deutsch anregt, ist ein Fortschritt.
Luise F. Pusch70, ist Sprachwissenschaftlerin und gilt als Mitbegründerin der feministischen Linguistik in Deutschland
Bitch muss sich mal vorstellen: Die Mehrheit der Deutschen* benutzt nur die männliche Form, obwohl sie sich auf Frauen bezieht, und entschuldigt dies damit, dass damit ja Frauen inbegriffen seien – totaler Bullshit! Die Schwanzdominanz in unserer Sprache zu brechen, sollte das Ziel aller emanzipierten Menschen sein: Viva la bitchige Linguistik! Viva la Professx!
Reyhan Sahin aka Lady Bitch Ray, geboren 1977, 1980 oder 1981, ist Rapperin, Sprachwissenschaftlerin und Expertin für feministischen Sprachgebrauch