: Ungereimtheiten beim Bundesfreiwilligendienst
ENGPASS Die Arbeiterwohlfahrt im Bezirk Hannover schlägt Alarm: Eine Woche vor Beginn des neuen Dienstes sind noch viele drängende Fragen ungeklärt, und die bisherigen Bewerberzahlen bleiben weit hinter den Erwartungen zurück
Eine Woche vor dem Start des neuen Bundesfreiwilligendienstes bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) befürchtet der Sozialverband drastische Engpässe wegen zu geringer Bewerberzahlen. „Es gibt noch erheblichen Bedarf“, sagte die Vize-Chefin des Bezirksverbands Hannover, Marion Wedell, am Montag. Es hätten sich deutlich weniger Interessenten als beim Zivildienst gemeldet.
Auch das Verhältnis zu jungen Menschen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) leisteten, sei noch viel zu gering, sagte Wedell. So kämen im Bezirk Hannover derzeit 37 FSJler auf nur drei Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienst.
Die Rahmenbedingungen für das neue Angebot, das allen Altersgruppen offen steht und den Zivildienst nach dem Aussetzen der Wehrpflicht offiziell bereits zum 1. Juli ablöste, müssten noch stark nachgebessert werden. „Da wurde vieles mit der heißen Nadel gestrickt“, kritisierte Wedell. So lange etwa nicht geklärt sei, ob Eltern junger Bundesfreiwilligendienstler (Bufdis) Anspruch auf das reguläre Kindergeld haben, schrecke dies weitere Interessenten ab.
„Der Bundestag wird wohl erst im November über die Kindergeld-Frage entscheiden“, sagte Wedell. Eine Übergangszeit von vier Monaten ohne sichere Aussicht auf finanzielle Unterstützung setze jedoch zu wenige Anreize: „Bislang sollen die Bufdis nur ein höheres Taschengeld bekommen. Ich kann von jungen Menschen und ihren Familien aber nicht erwarten, monatelang auf das Kindergeld zu verzichten.“
Sorgen bereiten der Arbeiterwohlfahrt auch Vorgaben des Bundes, nach denen das Verhältnis zwischen Teilnehmern am Bundesfreiwilligendienst und FSJ auf eine feste Quote gebracht werden soll. „Wir sind vor die Tatsache gestellt, dass drei FSJler auf zwei Bufdis kommen müssen. Wenn das nicht klappt, bekommen wir die nötigen Gelder nicht“, sagte Wedell.
Dabei sei es „völlig unrealistisch“, wenn das Bundesfamilienministerium einerseits Interesse an den neuen Angeboten wecken wolle – dass andererseits das Thema Kindergeld aber vorerst ausgeklammert bleibe.
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband Niedersachsen e.V. übte Kritik. Es habe den Anschein, als ob die Verantwortung für den schleppenden Start des Bundesfreiwilligendienstes auf die Verbände abgewälzt werden solle, sagte Vorstandsmitglied Cornelia Rundt. „Wir lassen uns nicht zum Sündenbock machen.“ (dpa / epd)