: Wenn der Blödsinn grün blüht
UNGEBROCHENE SUPERHELDEN Dünner Plot und dicke Materialschlacht in „Green Lantern“, der Adaption eines DC-Comics
Grün ist der Wille, Gelb die Angst. Im Lichtspektrum ist dieser Übergang fließend, im Superheldenuniversum von „Green Lantern“ markieren die Farben indessen einander unversöhnlich gegenüberstehende Antagonismen: Vermengt man das eine mit dem anderen, drohen Weltenuntergänge kataklystischen Ausmaßes. Auf Rot schalten da die Signallampen bei der intergalaktischen Polizeitruppe „Green Lanterns“, die mittels eines grünen Rings zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung im All ihren Willen materialisieren kann, als Parallax, dem vor Urzeiten weggesperrten Herrn über das gelbe Licht und damit die Angst, die Flucht gelingt. Der nun streckt seine amorphen Fühler in Richtung Erde aus, um eine Herrschaft der Angst im Universum einzurichten.
Auf der Erde fällt unterdessen dem arglosen Sonnyboy und Testpiloten Hal Jordan (Ryan Reynolds) ein Lantern-Ring samt passender Leuchte in die Hände. Während die alteingesessenen Green Lanterns im Kampf gegen Parallax sterben wie die Fliegen, ist es dem jungen Lantern-Azubi schließlich vorbehalten, zum Retter des Universums aufzusteigen.
Magische Ringe, Lichtenergien, Willensmaterialisation, böse Alienintelligenzen, Weltraumpolizisten in grünen Strampelhosen von fernen Planeten – das Erbe, das das gerade gestartete Filmfranchise mit sich herumschleppt, stammt überdeutlich aus der naiven Science-Fiction der frühen 60er. 1959 wurde der zugrunde liegende, bis dahin auf eher überschaubare Gaunerjagden spezialisierte Comic generalüberholt und um eine kosmische Saga erweitert, die nun auch die Filmadaption maßgeblich prägt.
Gut beraten ist bei solcher Altlast daher das Team um Regisseur Martin Campbell, den Stoff von vornherein nicht nach der Fasson avancierter Superheldenepen der letzten Jahre mit shakespearehaft hochkulturellem Anstrich zu adeln. Vielmehr überantworten sie ihre Comicverfilmung mit wehenden Fahnen dem albernen Hochglanztrash und fischen, gerade wenn es ins tiefe All geht, gut gelaunt im mit viel Rechenpower aufgepeppten Fundus von „Raumpatrouille Orion“, „Perry Rhodan“ und den alten „Enterprise“-Episoden.
Gut geht das auf, wenn „Green Lantern“ seinen dünnen Plot aus den Augen und sich selbst in der sorglosen, digitalen Materialschlacht verliert: Wenn Jordan ein durch einen abstürzenden Hubschrauber drohendes Blutbad allein dadurch verhindert, dass er dem Fluggerät spontan einen fahrenden Untersatz samt dazu passender Carrerabahn aus nichts als reiner, grün leuchtender Willenskraft herbeimaterialisiert, dann ist das blühender Omnipotenzblödsinn aus dem Kintopp der schöneren Sorte. Schmerzlich vermisst man im Kinosaal hingegen die Omnipotenz der Fernbedienung, wenn der Film seiner quälend ausbremsenden Plotsucht verfällt und sich selbst länglich durch dümmliche Sätze aus dümmlichen Gesichtern erklärt: Ein Porno ist der ansonsten biedere „Green Lantern“ insofern, als man ihn nur mittels Vorspultaste und Stellenlektüre anschauen kann.
Der historische Rückfall ins knallig bunte, von keiner Ambivalenz getrübte Comictreiben hat freilich seinen Preis: Die anfangs noch taffe Kopilotin Carol (Blake Lively) wird später zum Püppchen, das entweder über die neuen Fähigkeiten seines Freundes staunen darf oder aber von diesem gerettet werden muss.
Der Bösewichtstellvertreter auf Erden schließlich, Hector Hammond (Peter Sarsgaard), will eigentlich nur väterliche Anerkennung und liebevolle Zuneigung, was einem geekigen Nerd wie ihm in der Reich-und-schön-Welt von „Green Lantern“ mit ihren strengen Ausschlusskriterien schon grundsätzlich verwehrt bleibt.
Zur Strafe darf er sich von dem attraktiven, ungebrochenen Superhelden, an den das genretypische Trauma des Vaterverlusts ohnehin nur lose angeklebt wirkt, erbauliche Sentenzen aus dem Handbuch für Lebensführung anhören, bevor er dann endgültig von ihm ausgeknipst wird. THOMAS GROH
■ „Green Lantern“. Regie: Martin Campbell. Mit Blake Lively, Tim Robbins u. a. USA 2011, 114 Min.