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Archiv-Artikel

Mehr Energie als benötigt

Auch ohne Atomkraftwerke steht Norddeutschland vor einer Überproduktion an Strom, besagt eine neue Studie. Das facht den Streit um das geplante Kohlegroßkraftwerk in Hamburg weiter an

VON MARCO CARINI

Wie sieht die Energiezukunft Norddeutschlands aus? Zu dieser Frage präsentierte der Zukunftsrat Hamburg gestern eine 100-seitige Studie, die vom „Bremer Energie Institut“ in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Arrhenius-Institut erarbeitet wurde. Kernthese: Durch die vorgesehene Erstellung neuer Kohle- und Gaskraftwerke und den geplanten Bau gewaltiger Offshore-Windparks vor den Küsten werde Norddeutschland 2020 weit mehr Energie produzieren, als es verbraucht. Und das auch, wenn alle Atomkraftwerke bis dahin wie geplant abgeschaltet werden.

Insgesamt sind in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Bremen zur Zeit 19 neue Kraftwerke im Gespräch; darunter neun Kohle- und sieben Gaskraftwerke. Werden sie alle gebaut, wird der Ausstoß von CO2 in den kommenden Jahren rapide zunehmen. Dabei wäre durch den geplanten Ausbau der Windenergie rein rechnerisch nur ein Bruchteil des geplanten Kraftwerksparks von Nöten, um die norddeutsche Energieversorgung sicherzustellen. Problem dabei: Die Winderträge schwanken je nach Wetterlage stark, und Windstrom lässt sich derzeit kaum in großen Mengen speichern. „Wir bräuchten dazu mehrere hundert Speicherkraftwerke“, sagt Helmut Groscurth, Mitautor der neuen Studie. Allerdings ließen sich die Windstrom-Schwankungen eher mit Gaskraftwerken als mit der Kohleverstromung ausgleichen. Im Klartext: Kohle- und Windausbau passen nicht zueinander.

Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie ist vor allem das geplante Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg, einer der größten geplanten Neubauten, in die Kritik geraten. Hamburgs rot-grüne Opposition will das „Klimakiller-Kraftwerk“ möglicherweise zum Wahlkampfthema machen. Der CDU-Senat und der Energieerzeuger Vattenfall aber halten an dem Projekt fest. „Die Studie belegt nicht, dass der Bau von Moorburg überflüssig ist“, heißt es bei Vattenvall. Zum einen stünden hinter der prognostizierten Zunahme der Windkraft-Kapazitäten „viele Fragezeichen“, zum anderen könne der Wind „keine Versorgungssicherheit“ bieten. Moorburg, das nach neuester Umwelttechnik gebaut werde, trage sogar zum Klimaschutz bei.