Unerwartet schlechter Stil

KEIN ASYL MEHR IN BERLIN

Sollte Czaja wissen, wie die aktuelle Praxis im Lageso ist, lässt er seine Untergebenen schwer im Stich

Wenn es stimmt, was der taz zugetragen wurde – dass die MitarbeiterInnen des Lageso neu ankommende Flüchtlinge ohne jede Hilfeleistung auf die Straße schicken – dann erweist sich Sozialsenator Mario Czaja (CDU) als politische Führungskraft mit unerwartet schlechtem Stil.

Denn es geht nicht an, dass sich ein verantwortlicher Senator hinstellt und vor gewählten VertreterInnen des Volkes, die die Kontrolleure seiner Arbeit sind, öffentlich behauptet, in seiner Behörde gehe alles nach Recht und Ordnung zu, während die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Behörde gezwungen sind, tagtäglich gegen Gesetze zu verstoßen.

Statt Verantwortung zu übernehmen und offen einzugestehen, dass seine Senatsverwaltung offenbar nicht in der Lage ist, die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen für Flüchtlinge zu erbringen, leugnet er. Und wälzt damit die Verantwortung für das illegale Behördenhandeln ausgerechnet auf diejenigen MitarbeiterInnen ab, die das Versagen ihrer Leitung tagtäglich in der direkten Konfrontation mit den angesichts der Lage verständlicherweise verzweifelten AsylbewerberInnen ausbaden und ertragen müssen. Statt ihnen den Rücken zu stärken, lässt Senator Czaja den Eindruck entstehen, als handelten sie hinter seinem Rücken und gegen seinen Willen ungesetzlich.

Sollte Czaja tatsächlich nicht wissen, wie die aktuelle Praxis in der Erstanlaufstelle für Asylbewerber im Lageso ist, hat er seinen Laden nicht im Griff.

Sollte er es aber wissen und dennoch das Gegenteil behaupten, lässt er seine Untergebenen schwer im Stich. VON ALKE WIERTH