: NDR – Christian Wulff 1:0
Der NDR-Verwaltungsrat schlägt den WDR-Mann Lutz Marmor als neuen Intendanten vor. Damit vereitelt das Gremium lang gehegte Pläne der Niedersachsen-CDU. Wahl am kommenden Freitag
VON STEFFEN GRIMBERG
Als die taz vor zwei Jahren berichtete, der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) würde dem NDR eine neue Führungsspitze um den heutigen NDR-Programmdirektor Volker Herres und den Hannoveraner Landesfunkhausdirektor Arno Beyer verordnen, wurde uns diese Darstellung auf Antrag des NDR gerichtlich untersagt. Am Sonntag untersagte nun der NDR-Verwaltungsrat eine neue Anstaltsspitze Herres/Beyer: Das Gremium, dem das Vorschlagsrecht für die am Freitag geplante Intendantenwahl zukommt, nominierte statt Herres (47) WDR-Verwaltungsdirektor Lutz Marmor (53) als künftigen NDR-Intendanten.
Arno Beyer (52), der nach der Farbenlehre der Medienpolitik auf Unions-Ticket reist, empfahl der Verwaltungsrat zwar wie erwartet für den Posten des stellvertretenden Intendanten. Doch damit sind die – natürlich offiziell nie vorhandenen – Wulff-Pläne endgültig durchkreuzt: Der Stellvertreterposten ist eher repräsentativer Natur. Das Ganze hätte nur dann Sinn gehabt, wenn Herres Intendant geworden wäre – und Beyer ihn als Programmchef beerbt hätte. Doch so bleibt Beyer wohl in Hannover. Auch wenn noch nicht ganz klar ist, wie der 58-köpfige Rundfunkrat am Freitag – passenderweise dem 13. – votiert, sind in Sachen Intendant damit vollendete Tatsachen geschaffen. Denn der Rundfunkrat kann zwar theoretisch gegen die Wahlempfehlung des Verwaltungsrats stimmen, aber laut NDR-Staatsvertrag keinen eigenen Vorschlag machen. Amtsinhaber Jobst Plog tritt zum 15. Januar 2008 ab, sein Stellvertreter Joachim Lampe steht aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung.
Wie stark der politische Druck hinter den Kulissen beim NDR derzeit ist, zeigte schon am vergangenen Freitag eine in ihrer Deutlichkeit ziemlich einmalige öffentliche Rüge von Nochintendant Plog in Richtung Politik: „Es ist nicht Sache der Ministerpräsidenten, meinen Nachfolger zu finden“, polterte Plog: „Insofern bin ich verblüfft, dass die Politik bis heute nicht dementiert hat, sie habe sich auf einen Kandidaten verständigt.“
Als ARD-Anstalt für Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern hat es der NDR momentan mit drei CDU-Ministerpräsidenten zu tun. Vor allem Christian Wulff geht es seit Jahren darum, seinen politischen Einfluss in der ARD auszubauen.
Auch wenn sich der Verwaltungsrat nun gegen allzu offene politische Instrumentalisierung immun gezeigt hat: Glücklich war die Nachfolgersuche für den seit 1991 amtierenden Jobst Plog wirklich nicht. Daran hat auch Plog selbst einen nicht eben kleinen Anteil – zwar galt Herres als sein Kronprinz, doch dürfte ihm diese „Nominierung“ genau wie all den anderen immer mal wieder genannten Kandidaten zuletzt eher geschadet haben. Der Hauptkollateralschaden heißt nun Volker Herres. Der Programmchef wird – wiederum gemäß der absurden Anstalts-Farbenlehre – als „Roter“ verortet. Dass man ihn nun als gescheiterten Teil eines Tandems von Unions-Gnaden sehen könnte, wird ihm gar nicht schmecken. Dabei hätte sich der NDR mit einem Team Herres/Beyer vielleicht sogar angefreundet – wenn es die CDU nicht übertrieben hätte.
Nun hat sie beinahe alles verloren, denn auch der Intendantenkandidat Lutz Marmor wohnt in der „roten“ Schublade. Und kennt den NDR wie seine Westentasche – hier war er bis zum letzten Sommer schließlich lange Jahre Verwaltungsdirektor.