Über allen Bundesbehörden ist Ruh’

FLORA-AUSSPÄHUNG Der Senat erklärt, über die verdeckte Ermittlerin erfahre er aus Berlin auch nichts

„Es ist unglaubwürdig, dass angeblich keine Daten mehr vorliegen“

ANTJE MÖLLER (GRÜNE)

Bundesanwaltschaft und Bundesjustizministerium schweigen sich zum Einsatz einer verdeckten Ermittlerin im Umfeld der Roten Flora sowie im freien Radiosender FSK bislang aus. Laut einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der Hamburger Grünen hat das Ministerium in Berlin Informationen verweigert, weil es – ebenso wie die Bundesanwaltschaft – nicht „der parlamentarischen Kontrolle der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg“ unterliege.

Der Senat könne somit die Geschehnisse in den Jahren 2001 bis 2006 nicht bewerten, teilt er mit – zumal die Ermittlungsverfahren, welche Grundlage des Einsatzes der verdeckten Ermittlerin waren, vom Generalbundesanwalt geführt worden seien.

Die Rote Flora ist seit 25 Jahren von Anhängern der linken Szene besetzt. Nach bisherigen Erkenntnissen hat die verdeckte Ermittlerin mehrere Jahre im Flora-Umfeld spioniert und ist dabei sogar Liebesbeziehungen eingegangen. Mutmaßlich ermittelte sie auch im Freien Senderkombinat (FSK).

Vertreter der linken Szene aber auch Gewerkschaften kritisierten dies bereits scharf. Verdi sieht die Pressefreiheit gefährdet, die Landespressekonferenz Hamburg hält die Angelegenheit für „äußerst problematisch“. Neben Parlamentariern der Bürgerschaft bemühen sich inzwischen auch Bundestagsabgeordnete um Aufklärung. Insgesamt lägen in Berlin bereits vier Anfragen vor. Kommende Woche befasst sich der Innenausschuss der Bürgerschaft mit dem Fall.

Auslöser für den Einsatz waren nach Senatsangaben Brandanschläge auf Fahrzeuge sowie eine versuchte schwere Brandstiftung in Bönningstedt. Außerdem sei es um Angriffe auf Polizisten mit Steinen, Flaschen und Signalmunition gegangen. Die Grünen-Abgeordnete Antje Möller kritisierte gestern, dass der Senat sich nicht zur Rolle des Hamburger Landeskriminalamts äußere. Die innenpolitische Sprecherin ihrer Fraktion nannte es „unglaubwürdig, dass über eine mehrjährige Ermittlung in Hamburg angeblich keine Daten mehr vorliegen“.

Zuvor hatte der Senat eingeräumt, dass die Abteilung Staatsschutz im LKA den „nicht offenen“ Einsatz der Beamtin als „gefahrenabwehrende Maßnahme“ angeordnet habe. Das Verfahren sei aber nach wenigen Monaten an die Bundesanwaltschaft abgegeben worden.  (dpa)