: Netzwerke der Hilfe
AUFKLÄREN Nach drei Abschiebeversuchen brachte Felleke seine Geschichte auf die Bühne: die „Asylmonologe“ auf dem Zwischenraumfestival
Die Szene hätte kaum minimalistischer sein können: Drei Menschen auf einer erleuchteten Bühne, jeweils einer erzählt, unterbrochen nur von einem Cello. Doch was die SchauspielerInnen vortrugen, war so spannend, dass die gut hundert ZuschauerInnen im heißen, randvollen Veranstaltungssaal bis zum Ende gebannt lauschten und schließlich lang anhaltenden Beifall spendeten.
Die Asyl-Monologe, die im Juni im Kreuzberg-Museum Berlin-Premiere feierten und jetzt wiederkommen, beruhen auf dem Konzept des dokumentarischen Theaters: Die Flüchtlinge Ali aus Togo, Felleke aus Äthiopien und Safiye, die in der Türkei in Haft saß, gaben in Interviews ihre Geschichten von Flucht und Widerstand zu Protokoll. In kurze Abschnitte aufgeteilt, werden die Texte von den SchauspielerInnen abwechselnd vorgetragen werden und so den Stimmen sonst ungehörter Menschen Gehör verliehen.
Dadurch ergibt sich ein vielfältiges Panorama über Hintergründe, Gegenwart und Aussichten von Asyl in Deutschland – oft traurig und bedrückend, aber auch kämpferisch. „Entweder kämpfst du, oder du bist total erledigt“, sagt zum Beispiel Felleke Bahiru. Er muss es wissen: Der äthiopische Oppositionelle war 2000 nach Deutschland geflohen und hat mittlerweile drei Abschiebeversuche hinter sich, einer endete mit einer Einstellung vor Gericht. Doch noch immer ist sein Schicksal ungeklärt.
Die lange Wartezeit in der Asylbewerberunterkunft nutzte er, um gemeinsam mit BewohnerInnen und dem bayrischen Flüchtlingsrat für eine Verbesserung der Lebensbedingungen zu kämpfen. Die Asyl-Monologe sind die erste Produktion des Berliner Vereins Bühne für Menschenrechte. Der Verein will ein Netzwerk aufbauen und bundesweit mit dokumentarischen Theaterstücken über Menschenrechte und deren Verletzung aufklären. Durch die einfache Struktur und Authentizität sollen weitere Produktionen leicht ermöglicht werden. Die Bühne für Menschenrechte orientiert sich dabei an den aus Großbritannien stammenden Actors for Human Rights, die innerhalb von nur drei Jahren ein Netzwerk von 400 SchauspielerInnen und MusikerInnen aufgebaut haben.
Nach Gastspielen in Münster, Köln, Hildesheim und München werden die Asyl-Monologe am 6. August wieder in Berlin aufgeführt: auf dem Zwischenraum-Festival in Berlin-Reinickendorf. Auf einem alten Fabrikgelände wird es ein dreitägiges Musik-, Workshop- und Theaterprogramm geben. Sämtliche Einnahmen sollen an Reclaim Society und die Initiative Oury Jalloh gehen. Mit ihrem zweiten Festival haben sich die VeranstalterInnen viel vorgenommen: mit „Wort, Musik und Tat“ gegen gesellschaftliche Zwänge angehen.
Zum Programm gehören Bands wie dem Berlin Boom Orchestra, Djs wie Lucha Amada sowie eine Lesung zur Herrschaftskritik. Und die Asyl-Monologe werden diesmal begleitet von einem Vibrafon. DARIUS OSSAMI
■ Asylmonologe, 6. August, Zwischenraum-Festival, in der ehemaligen Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, Provinzstr. 40–44, Reinickendorf