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Archiv-Artikel

Mehr Wohnungen statt Heime

MIGRATION In ihrem flüchtlingspolitischen Konzept macht die Linkspartei Vorschläge, wie mehr Menschen in Wohnungen untergebracht werden könnten. Davon würden auch andere sozial Schwache profitieren

Die meisten Flüchtlinge, die nach Berlin kommen, könnten in Wohnungen untergebracht werden, sagt die Linkspartei – wenn der Senat endlich wohnungspolitisch aktiv werden würde. „In einer vergleichsweise reichen Stadt mit rund 3,5 Millionen Einwohnern müssten wir in der Lage sein, 12.000 Flüchtlinge im Jahr aufzunehmen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Udo Wolf am Dienstag bei der Vorstellung der „flüchtlingspolitischen Konzeption“ seiner Partei. Die Behauptung des Senats, angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen sei nichts anderes möglich als Containerdörfer und Sammelunterkünfte zu errichten, sei falsch, sagte der ehemalige Integrationsbeauftragte unter Rot-Rot, Günter Piening, der das Konzept miterarbeitet hat. „Diese Dramatisierung und Überforderungsrhetorik trägt außerdem zum Aufbau von Feinbildern bei“, so Piening weiter.

Im Bereich Wohnen und Unterkunft schlägt das Linken-Konzept eine „konsequente Neuausrichtung der wohnungsmarktpolitischen Instrumente“ vor, die auch anderen „schwachen Gruppen“ helfen würden. Ein Vorschlag lautet, das „geschützte Marktsegment“ auszubauen, also den Anteil von Sozialwohnungen und landeseigenen Wohnungen insgesamt zu erhöhen.

Unterkünfte anderer Art

Auch die Vereinbarung des Senats mit den städtischen Wohnungsunternehmen von 2011, bei der sich letztere verpflichten, jährlich 275 Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, sollte erweitert werden, erklärte die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, Elke Breitenbach. Zudem stünden mehrere tausend Sozialwohnungen leer. „Darunter sind auch Wohnungen, auf die das Land Zugriff hat“, sagte sie. Ein Gutteil davon gehört allerdings privaten Investoren. Wie man sie einbinden und den Leerstand für Flüchtlinge zwischennutzen kann, müsste eine Arbeitsgruppe erarbeiten, so Breitenbach.

Doch selbst wenn ein Großteil der Flüchtlinge in Wohnungen leben könnte – weiß auch die Linkspartei, dass es Sammelunterkünfte weiterhin geben wird. Diese Unterkünfte, so Piening, müssten „anderer Art“ sein: „Wir müssen uns öffnen für neue Wohnformen zwischen Sammelunterkunft und individueller Wohnung.“ Laut Breitenbach denke man dabei an Projekte wie das „Grandhotel Cosmopolis“ in Augsburg. Dort gibt es Wohnungen, Künstlerateliers, Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber und einen Hotelbetrieb in einem. Die Idee der Berliner Grünen, in den Kiezen mit Landesmitteln geförderte Heime zu bauen, die bei Bedarf auch von Obdachlosen genutzt werden könnten, nannte Breitenbach dagegen „zu stigmatisierend“ – man wolle nicht immer dieselben „Problemgruppen“ zusammenpferchen.

Darüber hinaus fordert die Linkspartei den Ausbau von Heimen in landeseigenen Immobilien, wie er von Sozialsenator Czaja (CDU) im Sommer angekündigt worden war. „Diese Häuser soll er mit Hochdruck umbauen“, forderte Breitenbach – dann hätte man bald genügend Sammelunterkünfte. Genau dies geschehe auch, erklärte Czajas Sprecherin auf taz-Nachfrage. „Die Ertüchtigung von Häusern im landeseigenen Bestand hat nach wie vor Priorität.“ SUSANNE MEMARNIA