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Archiv-Artikel

Innerparteilich gestählter Sozi

BUNDESWEHR Hans-Peter Bartels soll neuer Wehrbeauftragter des Bundestags werden. Kampferprobt ist er schon

Zähne zeigen und nerven: Darin hat der 53-jährige Bartels gewissermaßen Erfahrung

VON TOBIAS SCHULZE

BERLIN taz | Die Bundeswehr erhält einen neuen Kummerkasten: Der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels wird voraussichtlich neuer Wehrbeauftragter des Bundestags. Laut Medienberichten hat sich der SPD-Fraktionsvorstand auf die Personalie geeinigt. Da der Posten laut Koalitionsvertrag auf jeden Fall an einen Sozialdemokraten geht, gilt Bartels Wahl nun als reine Formsache. Aller Voraussicht nach wird der Kieler Abgeordnete im Februar das letzte Überbleibsel der FDP im Bundestag ablösen: Der bisherige Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus wurde 2010 von der schwarz-gelben Koalition gewählt, nach fünf Jahren endet seine Amtszeit demnächst.

Eine Art Anwalt der Soldaten ist der Wehrbeauftragte, der sich immer dann zu Wort meldet, wenn die Ausrüstung nichts taugt, wenn es von der Kasernendecke tropft oder wenn sich die Überstunden häufen. Der Wehrbeauftragte muss dann Zähne zeigen und so lange nerven, bis das Verteidigungsministerium bestenfalls nachbessert.

Zähne zeigen und nerven: Darin hat der 53-jährige Bartels gewissermaßen Erfahrung – wenn auch in einem etwas anderen Kontext. Vor drei Jahren wurde seine Ehefrau Susanne Gaschke, ebenfalls SPD, Oberbürgermeisterin von Kiel. Wenige Monate später geriet sie heftig in die Kritik: Sie hatte einem Steuerhinterzieher Gebühren und Zinsen in Millionenhöhe erlassen. Als die Kommunalaufsicht deshalb ein Prüfverfahren einleitete, schaltete sich Bartels persönlich ein. Er soll seine Genossen in der Kieler Landesregierung aufgefordert haben, sich öffentlich hinter seine Frau zu stellen. Andernfalls werde er brisante SMS des Ministerpräsidenten veröffentlichen. Der Versuch ging allerdings nach hinten los. Der Innenminister drohte mit einer Anzeige wegen Nötigung, der intrigenerprobte SPD-Landesverband lag einmal mehr im Clinch und Bartels Frau trat wenig später zurück.

In Berlin erhielt Bartels trotzdem eine Beförderung. Seit Beginn der Legislaturperiode ist er Vorsitzender des Verteidigungsausschusses. Dort vertritt er gemäßigte Positionen: Den Luftkrieg gegen den IS unterstützt er zum Beispiel, Forderungen nach einer Beteiligung der Bundeswehr lehnte er im Sommer aber ab – ganz wie die Bundesregierung also.

Zur Belohnung folgt jetzt der nächste Karriereschritt. Dem Wehrbeauftragten unterstehen rund 50 Mitarbeiter, er darf die Truppe unangemeldet besuchen und zum Abschied aus dem Amt erhält er einen Großen Zapfenstreich. Einfluss hat er auch: Amtsinhaber Königshaus geriet zwar zunächst in die Kritik, als er den Afghanistan-Einsatz als Kriegseinsatz bezeichnete und bessere Waffen forderte. Wenig später lenkte das Verteidigungsministerium aber ein und schickte schwereres Gerät.

Die politische Karriere ist mit der Ernennung zum Wehrbeauftragten aber normalerweise vorbei. Bekommt Bartels den Posten, muss er sein Bundestagsmandat abgeben. Ein Comeback ist unwahrscheinlich: Der bisher letzte Wehrbeauftragte der SPD zum Beispiel ist heute nicht mehr Politiker – sondern Honorarkonsul von Ruanda.