: Gast im eigenen Leben
Kunst, Kampagnen, irgendwas soll entwickelt werden über den Dächern der Stadt. Stephan Geenes Film „After effect“ porträtiert die jungen Kreativen unprätentiös
Im Babylon-Mitte gibt es schöne Reihen: das „Kinderwagenkino“ mit Wickelmöglichkeit, die „schrägen Filme“, sowie die Reihe „Neuer Deutscher Film“ (jeden Donnerstag um 21.15 Uhr), bei der neue Werke vorgestellt werden. An diesem Donnerstag wurde „After Effect“ von Stephan Geene gezeigt, eine im September 2005 gedrehte Low-Buget-Produktion (die Filmförderung gab 40.000 Euro).
Geene ist als Mitbegründer von b-books, Publizist, Kurator und Vortragsredner in Sachen Sex, Kapital, Multitude, Kollektiv berühmt geworden. Seine wortreiche Intellektuellen-WG-Soap „Ping-Pong-d’Amour“ hatte den Charme des Unfertigen. Eine Bartleby-Adaption war danach etwas kurz geraten. „After Effect“ nun ist sozusagen sein erster richtiger Langfilm mit Anfang, Ende, einem stimmigen Sounddesign mit Musik von „International Pony“, einer unaufdringlichen Kamera, professionellen Schauspielern usw.
Es geht um ein Institut über den Dächern der Stadt – „Carl Celler Culture“ – dessen Aufgaben unbestimmt sind. Kunst, Kampagnen, irgendwas soll entwickelt werden und die Stadt soll darauf antworten. Dies und das ist möglicherweise auch politisch.
Der Film überzeugt trotz seiner distanziert melancholischen Vagheit. Es gibt immer eine winzige Distanz zwischen Darstellung und Dargestelltem. Wie bei Hal Hartley hat man oft den Eindruck, die Helden des Films seien nur zu Gast in ihrem eigenen Leben, in unklaren Beschäftigungen und libidinösen Interessen. Sie nehmen sich wichtig, arbeiten am Thema Logo und Tiere und kennen sich von Ausstellungen in Stockholm oder Barcelona. Manchmal präsentiert irgendjemand irgendetwas. „Geld spielt keine Rolle“, sagt Knarf Rellöm in einer der Rollen.
Manchmal gibt es schöne Wortspiele zwischen „animal“ und „any male“ oder jemand hat schöne Einfälle, wie, dass Tiere von der „Red Animal Fiction“ den amerikanischen Präsidenten entführen und Videos mit Lösegeldforderungen veröffentlichen. Die schöne, erfolgreiche, irgendwie auch spröde Rena Yazka (Sabine Timoteo) trifft auf den Slacker Kai Starel (Aljoscha Wescott), der für die Agentur modelt. Eine Liebesgeschichte wird angedeutet, wieder zurückgenommen, entwickelt sich im unverbindlich Verbindlichen.
Am Ende gibt es einen sehr schönen Abschiedsblick, man weiß nicht so recht, es ist vor allem eine angenehme, intelligente, leicht melancholische Melodie, die im Kopf nachklingt. Vielleicht könnte man „After Effect“ auch als „Nachglühen“ übersetzen. DETLEF KUHLBRODT